FDP-Euro-Skeptiker erzwingen Mitgliederentscheid
Berlin (dpa) - Etappensieg für die „Euro-Rebellen“ in der FDP: Erstmals in der Parteigeschichte erzwingt die Basis einen Mitgliederentscheid.
Die Gruppe um den Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler hat nach eigenen Angaben die benötigten Unterschriften zusammen, um die Basis über den künftigen Euro-Kurs der FDP zu befragen. „Wir haben in weniger als vier Wochen 3650 Unterschriften gesammelt. Das ist einmalig in der Geschichte der FDP“, sagte Schäffler am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Er bestätigte damit Berichte von „Saarbrücker Zeitung“ und „Bild“-Zeitung. Schäffler und seine Mitstreiter wollen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM verhindern, über den der Bundestag Anfang 2012 entscheiden soll.
Um die Befragung der Basis zu erzwingen, sind laut Satzung Unterschriften von fünf Prozent der Mitglieder, Anträge von fünf Landesverbänden oder einem Drittel der Kreisverbände nötig. Die Gruppe um Schäffler und den Altliberalen und Ex-Minister Burkhard Hirsch benötigte rund 3230 Unterschriften.
Am kommenden Montag (10. Oktober) will Schäffler FDP-Generalsekretär Christian Lindner in Berlin die Liste überreichen. Bis Jahresende könnte dann das Ergebnis des Mitgliederentscheids vorliegen, sagte Schäffler. Noch am Dienstagabend wollte er mit Lindner in einem Telefonat über das weitere Vorgehen beraten.
„Ich gehe davon aus, dass die Bundespartei fair mit uns Initiatoren umgeht“, sagte Schäffler, der auf einen Sieg bei der Basisabstimmung setzt. Die Euro-Skeptiker hätten „alle Chancen“. Die jüngsten Entwicklungen zeigten, dass die Euro-Rettung aus dem Ruder laufe. Inzwischen werde doch längst „auf offenem Marktplatz“ über eine erneute gigantische Aufstockung des Euro-Rettungsfonds EFSF diskutiert, meinte der Finanzexperte.
Zunächst wird die Bundesgeschäftsstelle in Stichproben prüfen, ob die Unterschriften echt sind und tatsächlich von Parteimitgliedern stammen. FDP-Chef Philipp Rösler hat bereits angekündigt, dass die Parteispitze den Mitgliedern einen Gegenantrag zur Schäffler-Position vorlegen wird.
Die rund 65 000 Mitglieder können dann schriftlich über beide Anträge entscheiden - das Verfahren dauert nach FDP-Angaben etwa zehn Wochen. Vor dem Sonderparteitag am 12./13. November in Frankfurt/Main wird das Ergebnis auf keinen Fall vorliegen.
In der FDP-Geschichte hatte es bereits zweimal einen Mitgliederentscheid gegeben: 1995 zum „Großen Lauschangriff“ und 1997 über die Wehrpflicht.
Die FDP-Spitze will sich von Schäffler nicht ins Bockshorn jagen lassen. Bereits an diesem Samstag werden Rösler, Lindner und Fraktionschef Rainer Brüderle bei der ersten von vier Regionalkonferenzen in Würzburg für den Euro-Kurs der schwarz-gelben Koalition werben. Brüderle hatte kürzlich betont, dass selbst bei einem Sieg von Schäffler und seinen Mitstreitern die Koalition nicht platzen werde.
Das Ergebnis der Basisbefragung habe nur eine „Binnenwirkung“ für die Partei, werde sich aber nicht auf die bestehende Koalitionsvereinbarung mit CDU und CSU auswirken. „Die Koalition ist dann nicht beendet“, hatte Brüderle gesagt. Es wird erwartet, dass auch der FDP-Ehrenvorsitzende und Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher sein unverändert großes Gewicht für den Europa-Kurs von Rösler einbringen wird. Die FDP war in diesem Jahr aus fünf Landtagen geflogen. Zuletzt bekam sie in Berlin nur 1,8 Prozent der Stimmen.