FDP-Politiker Jürgen Koppelin: „Wulff wird unbeschadet davonkommen“

FDP-Politiker Koppelin kritisiert die Anklage gegen den Altbundespräsidenten.

Berlin/Hannover. Christian Wulff bleibt nichts erspart. Jetzt muss sich der ehemalige Bundespräsident auch noch vor Gericht verantworten. Das Landgericht Hannover entschied gestern, eine Anklage gegen den CDU-Politiker zuzulassen. Es geht um Vorteilsnahme, Vorteilsgewährung — sowie knapp 800 Euro.

Das wohl am 1. November beginnende Verfahren könnte jedoch für die Justiz unangenehmer werden als für das Ex-Staatsoberhaupt. Das sagt einer, der auf dem Höhepunkt des Skandals mehr Fairness für Wulff eingefordert hatte: Der FDP-Politiker Jürgen Koppelin.

Der Liberale ist im Haushaltsausschuss des Bundestages zuständig für den Etat des Bundespräsidenten, weshalb er die Affäre um die Jahreswende 2011/2012 besonders genau verfolgt hat. „Ich glaube, das wird peinlich für die Justiz. Wulff wird unbeschadet davonkommen“, sagte Koppelin unserer Zeitung. Die Vorwürfe seien kaum haltbar. „Am Ende bleiben 800 Euro über. Da sind die Kosten dieses ganzen Verfahrens wesentlich höher.“

Am 13. Dezember 2011 nahm die Affäre ihren Lauf. Damals wurden Wulff öffentlich Unregelmäßigkeiten bei der Finanzierung seines Hauskaufes vorgeworfen. Es folgten immer neue Vorwürfe der Begünstigungen durch befreundete Unternehmer. Am 16. Februar 2012 beantragte die Staatsanwaltschaft die Aufhebung der Immunität Wulffs, einen Tag später trat er als Bundespräsident zurück.

Der 54-Jährige selbst war lange Zeit abgetaucht. Nur vorsichtig hat er sich zurück in die Öffentlichkeit getastet. Den einen oder anderen Termin nimmt Wulff wieder wahr. Doch nach einer Aufgabe, einer Rolle scheint er noch zu suchen.

Das Ermittlungsverfahren gegen Wulff war umfangreich: Vier Staatsanwälte und mehr als 20 Polizisten recherchierten, 20 000 Seiten sollen die Akten umfassen und mehr als 100 Zeugen befragt worden sein. Doch die Vorwürfe fielen im Verlauf der Ermittlungen, die von vielen Indiskretionen überschattet waren, in sich zusammen.

Was übriggeblieben ist, ist eine Reise nach München zum Oktoberfest. 2008 soll Wulffs Freund, der Filmmanager David Groenewold, einen Teil der Hotelrechnung im Bayerischen Hof übernommen haben. Wulff setzte sich bald darauf für Groenewolds Filmprojekt „John Rabe“ ein — und das auf niedersächsischem Amtspapier.