Anschlag von Berlin Fingerabdrücke sind wichtiger als der Ausweis
Die Frage der gesicherten Identität von Flüchtlingen ist in der Sicherheitsdebatte nicht entscheidend.
Düsseldorf. Der gesuchte Tunesier und mutmaßliche Terrorist Anis Amri hat mehrere Identitäten benutzt. Damit flammt die Diskussion darüber wieder auf, wie entscheidend es für die Sicherheit der Bevölkerung ist zu wissen, wer mit welcher Identität ins Land kommt.
Tatsache ist: Im Herbst 2015, als die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland in die Höhe schnellte, reisten bis zu 80 Prozent ganz ohne Ausweispapiere ein. Damit konnte ihre Personenidentität (Name, Herkunft, Geburtsdatum) ohnehin nicht über einen Ausweis ermittelt werden. Ihre Angaben dazu konnten sie quasi frei aussuchen: Ob die Informationen ganz, teilweise oder gar nicht stimmten, wussten nur sie selbst.
Aber auch die vorgelegten Ausweise besaßen und besitzen bis heute meist nur einen eingeschränkten Wert. Denn außer einem Passbild enthalten die Papiere der Herkunftsländer anders als in Deutschland und vielen anderen Ländern der Welt keine biometrischen Daten (also etwa Fingerabdrücke und/oder Vermessungen des Gesichts).
Ohne Ausweis auf der Flucht zu sein, kann viele Gründe haben. Der seltenste ist eine kriminelle oder terroristische Absicht. In vielen Herkunftsländern ist es nicht üblich, Pässe bei sich zu haben. Die Umstände einer Flucht lassen oft nicht zu, sich die notwendigen Dokumente noch zu besorgen. Zumal auch eine dem deutschen Meldewesen vergleichbare Organisationsstruktur vielerorts fehlt. Das wiederum macht Rückfragen deutscher Behörden praktisch unmöglich.
Nicht zuletzt können Flüchtlinge ihre Papiere verlieren oder gezielt vernichten, weil sie ihr Alter oder ihre Herkunft verschweigen wollen. Hintergrund sind meist unter den Flüchtlingen kursierende Hinweise zu Schwierigkeiten bei der Einreise und beim Asylverfahren. Denn das erste Ziel jeder Flucht ist, einen sicheren Ort zu finden und dort auch bleiben zu können.
Die entscheidende Sicherheitslücke in Deutschland wurde mit dem Datenaustauschverbesserungsgesetz im Februar dieses Jahres geschlossen. Seither erhalten alle Flüchtlinge einen Ankunftsnachweis, und sicherheitsrelevante Daten wie Namen und Fingerabdrücke werden in einer zentralen Datenbank gespeichert, auf die sowohl die Polizei als auch andere Sicherheitsbehörden Zugriff haben. Nach Aussage des NRW-Innenministeriums sind in Nordrhein-Westfalen inzwischen auch die Flüchtlinge, die vor Februar gekommen sind, entsprechend erkennungsdienstlich behandelt. Damit sollen Mehrfachregistrierungen an verschiedenen Orten ausgeschlossen werden.
Seit die Fingerabdrücke vorliegen, ist es zunächst einmal irrelevant, ob Namen richtig oder falsch sind oder nur falsch geschrieben werden. Der Abdruck ermöglicht eine eindeutige Zuordnung.
Die Ermittlung der Herkunft hat für das Asylverfahren natürlich weiterhin Bedeutung. Unter Sicherheitsaspekten ist die Identitätsfeststellung angesichts der grundsätzlichen Ausweisproblematik und der Schwierigkeiten eines Abgleichs mit den Herkunftsländern aber eine ins Leere zielende Forderung.