Frankreichs Präsident entdeckt seine Liebe zur klassischen Literatur
Lange galt Nicolas Sarkozy als Lesemuffel. Das hat sich geändert. Aus echtem Interesse oder zur Imagepflege vor der Wahl?
Paris. Aus seinem Faible für amerikanische Action-Filme hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nie einen Hehl gemacht. Wenn ordentlich die Fetzen flogen, war ihm das früher allemal lieber als ein klassisches Theaterstück. Aber das war einmal: Neuerdings soll Sarkozy verstärkt die großen Klassiker der Filmkunst anschauen und die berühmten Werke französischer Literaten lesen. Kritiker unken, dass es dem Präsidenten wohl weniger um die Kultur als vielmehr um sein Image vor den Wahlen 2012 geht.
Es ist erst ein paar Jahre her, dass Sarkozy einen Sturm der Entrüstung auslöste, weil er öffentlich über den französischen Klassiker „Princesse de Clèves“ aus dem 17. Jahrhundert spottete. Der britische Fernsehsender BBC berichtete sogar einmal, Sarkozy erwecke den Anschein, als habe er in seinem ganzen Leben vielleicht zwei Bücher gelesen.
Aber die Zeiten ändern sich. Schauspieler, Autoren und Dramaturgen, die Sarkozy seit Beginn seiner Präsidentschaft 2007 regelmäßig zum Abendessen in den Élyséepalast einlädt, hätten zuletzt deutliche Fortschritte bei ihm festgestellt, berichtete die linksgerichtete Zeitung „Libération“. Zwar hatte er sich schon früher immer mal wieder mit einem Buch in der Hand ablichten lassen. Doch heute berichten Besucher begeistert von seiner Kenntnis der großen Klassiker aus Literatur und Film.
Nun rätseln die Franzosen, wem sie die Wandlung ihres Staatschefs zu verdanken haben. Viele glauben, dass seine Ehefrau Carla Bruni-Sarkozy den kulturellen Horizont ihres Mannes erweitert hat. Die beiden verbringen die Abende meist zu Hause, lesen oder schauen Filme an, so berichten Vertraute des Präsidenten.
Aber einige seiner Gäste fragen auch, wie ernst es dem Präsidenten mit seiner kulturellen Bildung wirklich ist. Sie glauben, dass es Sarkozy vor allem darum geht, sein Image wegen der Präsidentenwahl im kommenden Jahr zu verbessern.
Andere sind durchaus anderer Meinung. „Carla hat ihn am Anfang sicherlich anschieben müssen. Aber jetzt hat sie die Stützräder von seinem Fahrrad gelöst, und ich glaube, dass Sarkozy wirklich Gefallen daran gefunden hat, alleine zu radeln“, sagte Autor und Regisseur Yann Moix.