Groko ist auf dem Weg: Schulz will Außenminister werden
Dramatisches Finale: Die SPD-Chef gibt sein Amt an Andrea Nahles ab. Olaf Scholz wird Vizekanzler. Die CDU verliert zwei wichtige Ministerien.
Berlin. Viereinhalb Monate nach der Bundestagswahl sind die Weichen für eine neue große Koalition gestellt — und die SPD steht vor dem nächsten großen personellen Umbruch. Martin Schulz will den Parteivorsitz an Fraktionschefin Andrea Nahles abgeben und Außenminister unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werden. Wichtigster SPD-Mann im Kabinett soll Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz als Vizekanzler und Finanzminister werden. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer soll ein neu zugeschnittenes Superministerium für Inneres, Heimat und Bau bekommen.
Das ist das Ergebnis eines dramatischen Finales der 13-tägigen Koalitionsverhandlungen, das gestern erst nach 24 Stunden endete. „Es hat sich gelohnt“, sagte Merkel anschließend, die nun zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt werden könnte. Sicher ist aber noch nichts: Die rund 463 000 SPD-Mitglieder haben das letzte Wort. Sie stimmen bis Anfang März über den Koalitionsvertrag von Union und SPD ab. Bei einem Ja kann das neue Kabinett wenige Tage später im Bundestag vereidigt werden.
Neben den letzten inhaltlichen Knackpunkten wurde in der Schlussrunde auch schon die Postenverteilung weitgehend geklärt. Die SPD, die bei der Bundestagswahl nur 20,5 Prozent der Stimmen erhalten hatte, schnitt dabei überraschend gut ab. Sie soll sechs Ministerien bekommen, darunter die prestigeträchtigen Ressorts Außen, Finanzen und Arbeit. Hinzu kommen das Familien-, das Justiz- und das Umweltministerium.
Die CDU kommt bei der Postenverteilung relativ schlecht weg. Die Partei verliert mit dem Innen- und dem Finanzressort zwei der wichtigsten Ministerien. Der bisherige Innenminister Thomas de Maizière zieht sich ganz aus der Bundesregierung zurück. Merkel räumte ein, dass der Verzicht auf diese beiden Ressorts vielen schwer falle. „Dass die Frage, wer bekommt welches Ressort, eine nicht ganz einfache war, das will ich gerne hier verraten“, sagte die Kanzlerin.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) lobte indes „gute Ergebnisse für das „Industrieland NRW“ im neuen Berliner Koalitionsvertrag
Schulz sagte in einer Pressekonferenz mit Merkel und Seehofer, der Koalitionsvertrag trage „in einem großen Maße sozialdemokratische Handschrift“. Schulz will nicht nur auf den Parteivorsitz, sondern auch auf den Posten des Vizekanzlers verzichten, dafür aber Außenminister werden. Sein Eintritt ins Kabinett ist innerparteilich umstritten, weil Schulz einen solchen Schritt nach der Wahl kategorisch ausgeschlossen hatte.
Der Wortführer der Groko-Gegner in der SPD, Juso-Chef Kevin Kühnert, kritisierte das Zustandekommen der Einigung auf Twitter: „NoGroko bedeutet auch die Absage an den politischen Stil, der heute aufgeführt wird“, schrieb er. Die Jusos starten morgen ihre Nein-Kampagne zum Mitgliederentscheid, die Parteiführung will erst ab nächster Woche für den Koalitionsvertrag werben. Nordrhein-Westfalens SPD-Chef Michael Groschek sagte gestern in Düsseldorf: „Es wäre fahrlässig und politisch verantwortungslos, dazu Nein zu sagen, denn dann würden wir Menschen mehr Rechte vorenthalten.“