Grüne Offensive: Der deutsche Wald breitet sich aus
Natur; Jedes Jahr kommen mehr als 176 Quadratkilometer hinzu – das entspricht etwa der Fläche Wuppertals.
Düsseldorf. Noch vor 25 Jahren wollten die Deutschen ihre grünen Lungen zu Grabe tragen: Das Waldsterben, so damals die düstere Prognose, werde die Mitte Europas im 21. Jahrhundert in eine trostlose Steppe verwandeln.
Wie gut, dass Irren menschlich ist. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden gestern mitteilte, breiten sich Deutschlands Wälder in einer überraschenden Geschwindigkeit aus. Etwa 30Prozent der Landesfläche - das sind 357111 Quadratkilometer - sind von Wald bedeckt. Allein zwischen 1992 und 2008 kamen jährlich 176Quadratkilometer hinzu, was etwa der Fläche der Stadt Wuppertal entspricht.
Allerdings bleibt der mythische deutsche Eichenwald eine Rarität. Denn wenn die Statistiker Waldflächen berechnen, berücksichtigen sie alle "unbebauten Flächen, die mit Bäumen oder Sträuchern bewachsen sind".
Experten sind sich einig, dass vor allem der Rückgang der Landwirtschaft zur grünen Offensive des Waldes beiträgt - sei es, dass das zurückgelassene Brachland zuwuchert, sei es, dass die ehemaligen Felder zu Christbaumschulen umfunktioniert werden. Aber auch ehemalige industrielle Brachen, alte Braunkohle-Gebiete und ausgediente Truppenübungsplätze werden von der Natur zurückerobert oder systematisch aufgeforstet.
Bevölkerungsforscher sind davon überzeugt, dass sich der Siegeszug des Waldes im 21.Jahrhundert beschleunigen wird, denn vor allem in Ostdeutschland entleeren sich ganze Landstriche. Das Berlin-Institut für Bevölkerung setzte sich kürzlich in Brandenburg in die Nesseln, weil es vorschlug, den Brandenburgern Wegzug-Prämien zu zahlen und weite Teile des Bundeslandes in einen dicht bewaldeten Naturpark zu verwandeln.
Bis zum europäischen Waldmeister-Titel wird es aber noch dauern: Mit seinem Waldanteil liegt Deutschland im unteren europäischen Mittelfeld. Insgesamt nimmt Wald 36 Prozent der Fläche in der EU ein, die Spanne reicht von einem (Malta) bis 67 Prozent (Finnland).