Haushaltssklavinnen im rechtsfreien Raum der Berliner Diplomatie
In vielen Botschaften arbeiten Frauen, die völlig abhängig vom Arbeitgeber sind. Ausbeutung ist damit Tür und Tor geöffnet.
Berlin. Nicht alle Diplomaten sind feine Leute. In Berlin jedenfalls stöhnt man über Verkehrsverstöße und sogar Straftaten. Die Täter können nicht belangt werden, weil sie diplomatische Immunität genießen. Ein Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht hat in dieser Woche einen besonders krassen Fall beleuchtet: Es ging um Misshandlung und Ausbeutung einer Haushaltshilfe.
Viele Botschaftsangehörige lassen Küchenarbeit und Kinderbetreuung von einer mitgebrachten Dienstkraft erledigen. Besonders beliebt sind Frauen von den Philippinen, die inzwischen 80 Prozent dieser Jobs erledigen. 240 derartige Haushaltshilfen sind dem Auswärtigen Amt derzeit gemeldet. Ihr Aufenthaltsstatus ist komplett an die Tätigkeit bei dem jeweiligen Diplomaten gebunden. Der Arbeitgeber kann jederzeit drohen, für ihre Ausweisung zu sorgen. Damit sind sie total abhängig.
Eine Indonesierin hat nun gegen einen früheren saudischen Gesandten geklagt, weil der sie 2009 und 2010 über 19 Monate hinweg angeblich wie eine Sklavin gehalten und für ihre Arbeit noch nicht einmal bezahlt hatte. Sie habe ohne Matratze auf dem Fußboden schlafen und von 6 Uhr bis Mitternacht für den siebenköpfigen Haushalt zur Verfügung stehen müssen, so die Vorwürfe. Das Haus habe sie nicht verlassen dürfen. Schließlich habe sie fliehen können.
Die Frau, die inzwischen nach Indonesien zurückgekehrt ist, verlangte 70 000 Euro Lohn nachträglich. Alle Verfahren waren zunächst jedoch unter Hinweis auf die Immunität des Beschuldigten abgeschmettert worden. Erst nachdem der Mann wieder in sein Heimatland gezogen war und so seinen Schutzstatus verloren hatte, war eine Gerichtsverhandlung möglich. Sie endete mit einem Vergleich: Der Saudi, der über seinen Anwalt alle Vorwürfe abstreiten ließ, zahlte 35 000 Euro nach. Seine Regierung übernimmt das.
Mit dem Missbrauch von Hausangestellten der Diplomaten befasst sich in Berlin inzwischen die Hilfsorganisation Ban Ying, die sonst Prostituierte und misshandelte Frauen aus Asien betreut. Fünf bis zehn Betroffene meldeten sich jährlich mit ähnlichen Problemen, teilte die Organisation mit. Auch beim Auswärtigen Amt ist bekannt, dass es solche Fälle gibt. Man versucht dem beizukommen, indem die Frauen bei der jährlichen Verlängerung ihres Visums nach ihrer Lage befragt werden. Und zwar mit einem Dolmetscher. Außerdem gibt es einmal im Jahr eine Informationsveranstaltung, auf der die Frauen auf ihre Rechte aufmerksam gemacht werden.
Prinzipiell kann der Staat gegen Diplomaten vorgehen, die Gesetze verletzen. Normalerweise wird die Botschaft aufgefordert, die Immunität des Mitarbeiters aufzuheben. In der Regel sorgen die Missionen dann dafür, dass solche Personen schnell heimreisen. Die Bundesregierung kann Tatverdächtige auch als „persona non grata“, als unerwünschte Person, selbst nach Hause schicken. Allerdings bedeutet das meist einen außenpolitischen Eklat. Nachteil außerdem: In beiden Fällen verlieren die Hausangestellten ihr Aufenthaltsrecht.