Hollands Autofahrer sollen Kilometersteuer zahlen

Amsterdam (dpa). Hollands Autofahrer sollen künftig keineKfz-Steuer mehr zahlen, sondern eine Kilometergebühr von zunächstdurchschnittlich drei Cent. Umgehend löste diese als „revolutionär“für den Umweltschutz gepriesene Reform durch die Regierung in DenHaag am Wochenende einen heftigen Streit aus.

Eine deutliche Mehrheitder Autofahrer lehne den Plan ab, berichtete am Sonntag die Zeitung„De Telegraaf“.

Mit der Umstellung auf das neue System soll ab 2012nicht mehr der Besitz, sondern allein die Nutzung von Autos besteuertwerden. Hauptziel ist die Verringerung schädlicher Abgase sowie dertäglichen Staus auf Hollands Straßen. Auch in Deutschland wird nuneine Diskussion über das niederländische Modell erwartet.

Der entsprechende Gesetzentwurf muss erst noch vom Parlament in Den Haag beschlossen werden, wo die Regierung eine Mehrheit von 80 zu 70 Mandaten hat. Nach dem Plan sollen Autofahrer für die monatlich zurückgelegte Wegstrecke zur Kasse gebeten werden, wobei die Gebühr pro Kilometer sich nach Wagenklasse, Motorisierung und Tageszeit richtet.

Berechnet wird die Streckensteuer mit Hilfe eines satellitengestützten Ortungssystems. Der durchschnittliche Kilometerpreis soll bis 2018 auf 6,7 Cent steigen. Mit dem finanziellen Hebel will die Regierung erreichen, dass möglichst viele Autofahrer ihr Fahrzeug seltener benutzen und aufs Fahrrad sowie auf Busse und Bahnen umsteigen.

In einer Umfrage des „Telegraaf“, an der sich rund 40 000 Leserbeteiligten, lehnten 62 Prozent die Kilometer-Steuer ab. AlsHauptgrund erklärten Gegner der Reform, sie trauten Versprechungender Regierungen nicht, wonach die weitaus meisten Autobesitzer nachdem neuen System keineswegs mehr Steuern bezahlen müssten als bisher. Nahezu sechs von zehn Fahrern würden sogar weniger Geld an den Fiskusüberweisen müssen als bei der althergebrachten Kfz-Steuer, hatte dieRegierung vorgerechnet.

Zudem misstrauen viele den Satelliten-Ortungsgeräten, die künftigin alle Autos eingebaut werden sollen. Politiker der Oppositionwarfen der Regierung aus Christ- und Sozialdemokraten vor, mit diesen„Spionagekästen“ gegen den Datenschutz zu verstoßen. VerkehrsministerCamiel Eurlings wies das zurück.

Das System speichere allein die Zahlder gefahrenen Kilometer und keine Fahrtziele.Deutschland solle sich an dem „fortschrittlichen Modell ein Beispiel nehmen“, forderte der Leiter des Lehrstuhls für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen, Ferdinand Dudenhöffer. Im Vergleich dazu sei die deutsche Kfz-Steuer „ein Monster“. Sie nehme keine Rücksicht auf die tatsächliche Straßennutzung, sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa.

„Für ein Fahrzeug, das im Jahr 100 Kilometer fährt, bezahlt man in Deutschland den gleichen Steuerbetrag wie für das gleiche Auto, das 100 000 Kilometer fährt“.Die niederländische Regierung geht davon aus, dass die Belastungder Umwelt durch Kohlendioxid in Fahrzeugabgasen mit Hilfe derKilometersteuer um zehn Prozent reduziert wird.

Insgesamtwerde die Zahl der gefahrenen Straßenkilometer um 15 Prozentabnehmen, da mehr Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigenwürden. Zudem werde es weniger Unfälle und somit pro Jahr etwa siebenProzent weniger Verkehrstote geben, erklärte der Verkehrsminister. Bis 2020 könne die Zahl der vor allem im Berufsverkehr oftzermürbenden Staus auf das Niveau von 1992 verringert werden.

Vor der Einigung auf das neue System war in derRegierungskoalition aus Christ- und Sozialdemokraten einPKW-Mautsystem, wie es in Deutschland angedacht wird, verworfenworden. Auch für eine weitere Erhöhung der Mineralölsteuer gab eskaum Befürworter. Die Benzinpreise sind in den Niederlanden etwashöher als in Deutschland.