Chinas Botschafter verärgert Hongkong-Aktivist Joshua Wong wirbt in Berlin für seine Bewegung
Berlin · Der Hongkong-Aktivist Joshua Wong wirbt in Berlin für seine Bewegung und fordert damit Peking heraus. Deutschland ist nun mittendrin in dem Konflikt.
Am Ende der Pressekonferenz nickt Joshua Wong leicht, als seine Mitstreiterin neben ihm erklärt, falls notwendig, würde sie für die Freiheit Hongkongs auch die letzte Konsequenz akzeptieren - den Tod. Das klingt doch sehr martialisch. Aber die Aktivisten oben auf dem Podium der Bundespressekonferenz spaßen nicht, sie wirken entschlossen. Auch aus der Ferne legen sie sich mit ihrem großen und mächtigen Gegner an: China.
In der chinesischen Botschaft in Berlin wird das Treiben um den führenden Aktivisten der Honkonger-Demokratiebewegung genau beobachtet. Wong ist auf Einladung der „Bild“-Zeitung für wenige Tage in der deutschen Hauptstadt, Ende der Woche reist er weiter nach New York und Washington. Der 22-Jährige trifft Parlamentarier des Bundestages, bei einer Feier des Boulevardblatts am Montagabend entsteht ein Foto mit Außenminister Heiko Maas (SPD).
Peking reagiert darauf sehr verärgert. Der chinesische Botschafter, Wu Ken, legt am Mittwochmittag bei einer eilig anberaumten, vor allem seltenen Pressekonferenz nach: Radikale würden seit drei Monaten in Hongkong gegen das Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ nahezu terroristisch vorgehen. Bedauerlicherweise hätten deutsche Politiker mit Wong einen zu Haftstrafen verurteilten Anstifter von Gewalttaten empfangen. Wu Ken betont: „Hongkong gehört China. Die Angelegenheiten Hongkongs sind Chinas Innenpolitik.“ Die Einmischung von deutscher Seite sei unangebracht. Das sind sehr undiplomatische Worte. Auch Peking scheint zu allem entschlossen.
Wong will sich aber nicht beirren lassen. Seine Pressekonferenz ist eine Mischung aus Appell und Abrechnung. „Ich atme hier den Duft der Freiheit, statt das aggressive Tränengas in Hongkong“, sagt er gleich zu Beginn. Seine Heimat drohe, ein Polizeistaat zu werden. Deutschland müsse dringend den Export von Ausrüstung an die Bereitschaftspolizei von Hongkong aussetzen, denn die Demonstranten seien immer wieder brutaler Gewalt ausgesetzt. „China ist bekannt dafür, dass es nicht nach den Regeln spielt. China hält sich nicht an internationale Verträge“, so Wong. Ein offener Dialog sei nicht möglich, dabei wollten seine Landsleute nur fundamentale Rechte wie freie Wahlen. „Hongkong ist das neue Berlin in einem neuen kalten Krieg.“
Botschafter Wu Ken nennt Wongs Sätze später „scheinheilig“. Gewalttätige Verbrecher müssten auch bestraft werden. Ein Ende des Konflikts ist nicht in Sicht. Wong hat Peking herausgefordert, so viel steht fest. Und Deutschland ist nun mittendrin in dem Konflikt. Auch im Bundestag bei der Generaldebatte spielen die Ereignisse eine Rolle. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) betont, sie habe bei ihrem jüngsten Besuch in China darauf hingewiesen, „dass die Einhaltung der Menschenrechte für uns unabdingbar ist“. Dies gelte auch für Hongkong. Die Bundesregierung halte das Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ für die Sonderverwaltungszone nach wie vor für richtig. FDP-Chef Christian Lindner kritisiert, dass Merkel nicht mit Wong gesprochen habe. Man dürfe sich von den Chinesen nicht „einschüchtern“ lassen.
Die Kanzlerin weiß, warum sie den Aktivisten nicht treffen wollte – das wäre wohl ein absoluter Affront gegenüber der chinesischen Führung. Immerhin ist das Reich der Mitte Deutschlands wichtigster Handelspartner. Auf die Frage, ob er enttäuscht sei, dass es zu keiner Begegnung mit Merkel komme, antwortet Wong: „Es wäre gut, mit jemanden aus dem Kanzleramt oder der Kanzlerin selbst zu sprechen.“ Ob er sich wirklich darum bemüht hat, bleibt offen.