Immer neue Vorwürfe gegen Guttenberg
Berlin (dpa) - Für Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wird es in der Plagiatsaffäre immer enger.
Laut „Spiegel“ hat er 2004 beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages eine Ausarbeitung in Auftrag gegeben und das zehnseitige Papier fast unverändert in seine Doktorarbeit übernommen - obwohl Abgeordnete den Dienst nur für mandatsbezogene Arbeit nutzen dürfen. Die Opposition äußerte den Verdacht, Guttenberg habe sein Amt missbraucht. Sie will ihn in dieser Woche im Bundestag zur Rede stellen.
CSU-Chef Horst Seehofer sagte, er habe seinem Parteifreund von einem Rücktritt abgeraten. Er habe „rechtzeitig“ mit ihm gesprochen und „ihm geraten, durchzuhalten“, sagte der bayerische Ministerpräsident der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). Guttenberg hatte Spekulationen über Rücktrittsgedanken am Freitagabend in einem „Focus“-Interview noch als „Unsinn“ bezeichnet.
Dem Minister wird zur Last gelegt, zahlreiche Passagen seiner Doktorarbeit aus Werken anderer Autoren kopiert zu haben. Im Internet werden inzwischen mehr als 120 Stellen aufgelistet. Laut „Spiegel“ soll Guttenberg zudem 2004 beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages eine Studie zum Gottesbezug in der US-Verfassung in Auftrag gegeben und das Papier fast vollständig in seine Dissertation eingefügt haben.
Linken-Chef Klaus Ernst sagte, falls der Vorwurf zutreffe, sei ein Rücktritt „unausweichlich“. CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich nannte den Vorwurf lächerlich. In seiner Dissertation verweise Guttenberg auf Seite 373 ausdrücklich darauf, dass er in den folgenden Passagen einen Beitrag des wissenschaftlichen Dienstes verarbeite, den er als Grundlage für eine Rede angefordert habe. Diesen Beitrag dokumentiere Guttenberg sowohl im Literaturverzeichnis als auch in den Fußnoten, sagte Friedrich der „Bild am Sonntag“.
Die SPD forderte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zur Klärung des Vorgangs auf. „Es entsteht der Eindruck, dass Teile der Doktorarbeit von Ghostwritern in der Bundestagsverwaltung geschrieben wurden“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. „Die Öffentlichkeit hat Anspruch darauf zu erfahren, ob der Wissenschaftliche Dienst zu Privatzwecken eingesetzt wurde und Guttenberg seine Promotion auf Kosten der Steuerzahler geschrieben hat.“
Guttenberg hatte in seiner Promotionsarbeit den Wissenschaftlichen Dienst als Zweitquelle für eigene Vorträge zitiert, an einer Stelle auch als eigene Quelle. Noch am Mittwoch hatte er betont: „Sollte jemand auf die Idee kommen zu behaupten, Mitarbeiter meines Büros hätten an der wissenschaftlichen Erarbeitung meiner Dissertation mitgewirkt, stelle ich fest: Dies trifft nicht zu.“
Der Minister hatte am Freitag in der Plagiatsaffäre in einer öffentlichen Stellungnahme Fehler eingeräumt und sich entschuldigt. Seinen Doktortitel will er bis zum Abschluss der Untersuchungen der Universität Bayreuth ruhen lassen.
Die Fraktionen von SPD und Grünen wollen die Plagiatsvorwürfe in dieser Woche im Bundestag thematisieren. „Es wird eine Aktuelle Stunde geben“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Montag). „Und er wird in der Fragestunde des Bundestages eingehend befragt werden.“ Letzteres kündigte auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, an.
Der Aachener Karnevalsverein (AKV) zeichnete Guttenberg am Samstag in Abwesenheit mit dem Orden wider den tierischen Ernst aus. Der Minister habe Mut zum Widerspruch und zum „akrobatischen Querdenken“, hieß es zur Begründung. Der Minister hatte seine Teilnahme aber schon vor Wochen unter Hinweis auf die Lage in Afghanistan abgesagt. An seiner Stelle nahm sein jüngerer Bruder Philipp die Auszeichnung entgehen. In seiner Ritterrede sagte er: „Die Doktorarbeit wär verlogen, hört mans links von mir laut toben. Als hätt' das Land nicht andere Sorgen.“