20 Jahre Stasi-Unterlagen-Gesetz: „Gerechtigkeit für die Opfer“

Das Interesse nach Einsicht in die Akten ist auch nach 20 Jahren ungebrochen.

Berlin. Nicht mal die DDR-Bürgerrechtler waren sich nach dem Mauerfall einig, ob die Hinterlassenschaft der Stasi erhalten oder vernichtet werden soll. Akten, Fotos, Tonbänder, Filme — menschenrechtswidrig hatte das Ministerium für Staatssicherheit Informationen von rund sechs Millionen Menschen gesammelt. Der historisch einmalige Bestand war die Basis für ein historisch einmaliges Regelwerk: Vor 20 Jahren, am 29. Dezember 1991, trat das Stasi-Unterlagen-Gesetz in Kraft.

„Das Gesetz ist eine Erfolgsgeschichte, auch nach der achten Novelle“, sagt der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn (Foto). „Wir können auch in Zukunft die Vergangenheit aufarbeiten.“ Erstmals sei es gelungen, das Archiv einer Geheimpolizei zu öffnen.

„Opferakten sind ein Stück geklautes Leben“, sagte die frühere Oppositionelle Ingrid Köppe von den Grünen, als im Herbst 1991 das Gesetz im Bundestag beraten wurde. Rainer Eppelmann würdigte die 40 Paragrafen als „Gesetz zum Schutz ausgeschnüffelten Lebens“. Und SPD-Abgeordneter Wolfgang Thierse meinte: „Ich will verstehen, warum ein Nachbar zum Denunzianten geworden ist.“ Anliegen ist es bis heute, durch die Aufarbeitung der Vergangenheit zur Versöhnung zu kommen.

„Gerechtigkeit für die Opfer, gerade dafür steht das Gesetz“, sagt Jahn. So waren es vor allem Bürgerrechtler, die als erste die Akten lesen konnten, die die Stasi über sie angelegt hatte.

Jürgen Fuchs, Ulrike Poppe, Vera Lengsfeld, Lutz Rathenow, Wolf Biermann, Bärbel Bohley — alle seien fassungslos gewesen über das Ausmaß der Bespitzelung. Inzwischen wurden rund 2,8 Millionen Anträge auf persönliche Akteneinsicht gestellt sowie etwa 1,7 Millionen Anträge zur Überprüfung von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes.

Jahn ärgert sich darüber, dass Bürger zu lange auf die Auskünfte warten müssten. Das Interesse der Bürger ist auch mehr als 20 Jahre nach der Einheit nicht weggebrochen. Allein in 2011 gingen knapp 76 000 Anträge auf persönliche Akteneinsicht bei der Jahn-Behörde ein.

Ab Januar 2012 soll der Personenkreis im Öffentlichen Dienst erweitert werden, der auf frühere Stasi-Tätigkeit überprüft werden kann. Die Bundesbehörde bekommt 2012 zusätzlich 2,3 Millionen Euro für ihre politische Bildungsarbeit.