Ägyptens Präsident Mursi „Feind der Pressefreiheit“
Berlin/New York (dpa) - Sie zensieren, verbieten, verfolgen: Despoten und Diktatoren, sogar gewählte Staatsoberhäupter legen der Presse Fesseln an. In manchen Ländern müssen unbequeme Journalisten sogar um ihr Leben fürchten.
Die in Ägypten regierende Muslimbrüderschaft mit Präsident Mohammed Mursi und die radikal-islamistische Al-Nusra-Front in Syrien gehören nach einem Bericht von Reporter ohne Grenzen (ROG) zu den neuen „Feinden der Pressefreiheit“. Auch bewaffnete Gruppen in Pakistan und religiöse Extremisten auf den Malediven seien neu in die weltweite Liste aufgenommen worden, teilte die Organisation in Berlin zum Internationalen Tag der Pressefreiheit an diesem Freitag mit. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte mehr Schutz für Journalisten.
Auf der ganzen Welt würden Reporter wegen ihrer Arbeit bedrängt, eingesperrt, gefoltert und immer wieder auch ermordet, sagte Ban am Donnerstag vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen. „Wir können mehr tun“, sagte er. Vor allem dürften Verbrechen gegen Medien nicht straffrei sein. Viel zu oft würden Morde an Journalisten aber nicht oder nur oberflächlich verfolgt.
Das Recht auf Meinungsfreiheit und auf Information sei ein universeller Bestandteil in der Erklärung der Menschenrechte. Dennoch würden Journalisten, Moderatoren und Blogger immer wieder Opfer von Angriffen. „Und dabei geht es nicht nur um physische Gewalt, sondern oft auch um Attacken im Internet oder gesetzgeberische Manöver als Mittel der Nötigung“, sagte Ban. „Alle Journalisten, in allen Bereichen der Medien, müssen ihre Arbeit machen können. Wenn es nicht gefährlich ist, seine Stimme zu erheben, profitiert die ganze Welt.“
Vor allem im Irak, Somalia und den Philippinen gibt es nach Ansicht des Komitees zum Schutze von Journalisten kaum Sicherheit für Reporter. Diese drei Länder führen den Index der New Yorker Vereinigung an, der die Länder mit den meisten unaufgeklärten Morden an Journalisten auflistet. Demnach wurden in den vergangenen zehn Jahren die Morde an 93 Journalisten im Irak nicht aufgeklärt. In Somalia seien allein im vergangenen Jahr zwölf Journalisten ermordet worden. Auf den Philippinen seien in den vergangenen zehn Jahren 55 Morde an Journalisten nicht bestraft worden. Auch Russland und Nigeria gehörten zu den vom Komitee beanstandeten Ländern.
Rund 40 Staatschefs, paramilitärische Gruppen und kriminelle Netzwerke, die Journalisten verfolgten und versuchten, Medien gleichzuschalten, stehen auf der ROG-Liste 2013. Dazu gehören Russlands Präsident Wladimir Putin, die Staatschefs von Aserbaidschan und Weißrussland, Ilcham Alijew und Alexander Lukaschenko, Drogenkartelle aus Mexiko, Mafiagruppen aus Italien sowie Taliban-Chef Mullah Omar.
In Ägypten tauschten die regierende Muslimbrüderschaft sowie Präsident Mohammed Mursi die Herausgeber und Chefredakteure staatlicher Zeitungen durch Getreue aus, hieß es. Kritische Journalisten würden mit Klagen überzogen, ausländische Korrespondenten als Spione diffamiert.
In Syrien, wo seit Beginn des Aufstandes gegen das Assad-Regime im März 2011 nach Angaben von Reporter ohne Grenzen mindestens 23 Journalisten und 59 Bürgerjournalisten getötet wurden, zählt die Organisation Präsident Baschar al-Assad seit Jahren zu den „Feinden der Pressefreiheit“. Aktuell hinzugekommen ist die gegen ihn kämpfende Al-Nusra-Front, die Mitarbeiter syrischer Staatsmedien angreife und Korrespondenten bedrohe. Neu auf der Liste sind auch religiöse Extremisten auf den Malediven und bewaffnete Gruppen, die in der pakistanischen Provinz Baluchistan für Unabhängigkeit kämpfen.
Nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International sind in Syrien seit Beginn des Bürgerkriegs mindestens 36 Journalisten gezielt getötet worden. „Sowohl die syrischen Regierungstruppen als auch die bewaffnete Opposition sind für Gewalttaten gegen Journalisten verantwortlich“, sagt Syrien-Expertin Ruth Jüttner anlässlich der Veröffentlichung des neuen Amnesty-Berichts zum Internationalen Tag der Pressefreiheit.
In dem Bericht wird vor allem die wichtige Rolle von einheimischen Aktivisten beschrieben, die oft ihr Leben riskieren, um Gräueltaten zu dokumentieren. Genauso wie ihre professionellen Kollegen würden sie bedroht und müssten Vergeltung befürchten. „Angriffe auf Zivilisten, und dazu gehören Journalisten, sind Kriegsverbrechen. Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, fordert Jüttner.