#boatengsnachbar AfD-Vize Gauland sorgt mit Boateng-Äußerungen für Empörung

Berlin (dpa) - Mit einer umstrittenen Äußerung über die angebliche Einstellung der Bevölkerung zum Nationalspieler Jérôme Boateng hat AfD-Vize Alexander Gauland für breite Empörung gesorgt.

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Kurz vor der Fußball-EM zitierte die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“) Gauland mit den Worten: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Gauland bestritt, sich über den dunkelhäutigen Fußballer als Person geäußert zu haben, was die Zeitung zurückwies. Politiker aller anderen Parteien und Fußballfunktionäre reagierten empört.

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Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) schrieb im Internet-Mitteilungsdienst Twitter: „Einfach nur niveaulos und inakzeptabel. Wer so redet, entlarvt sich selbst - und das nicht nur als schlechter Nachbar.“ CDU-Vize Julia Klöckner twitterte: „Lieber Boateng als Gauland als Nachbarn. Typisches Muster AfD: beleidigen, provozieren - später dann relativieren.“ Ihr Amtskollege Armin Laschet sprach von „Rassismus pur“.

Gauland erklärte, er habe in einem vertraulichen Hintergrundgespräch die Einstellung mancher Menschen beschrieben, aber sich „an keiner Stelle über Herrn Boateng geäußert“. Er fügte hinzu: „Ich habe nie, wie die „FAS“ insinuiert, Herrn Boateng beleidigt. Ich kenne ihn nicht und käme daher auch nicht auf die Idee, ihn als Persönlichkeit abzuwerten.“

Die Zeitung bestand auf ihrer Darstellung. Die Äußerung stamme aus einem Gespräch Gaulands mit zwei Korrespondenten am Mittwoch, teilte die Politikredaktion mit. „Ihre Aufzeichnungen stimmen überein.“ Gauland habe lediglich einen Gesprächsteil über AfD-Politiker als Hintergrund eingestuft, aus dem nicht zitiert werden sollte.

In der ARD räumte Gauland später ein, Boatengs Name könne gefallen sein, möglicherweise seitens der Journalisten - „denn ich kenne mich im Fußball gar nicht aus“.

Die Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei, Frauke Petry, entschuldigte sich bei Boateng und sprach von Erinnerungslücken ihres Stellvertreters: „Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat. Ich entschuldige mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck, der entstanden ist.“ Der rheinland-pfälzische Landesparteichef Uwe Junge kritisierte Gauland nicht direkt, erklärte aber zu Boateng: „Idole wie er sind wichtige Wegbereiter für die Akzeptanz von integrierten Einwanderern.“

Boateng selbst zeigte sich gelassen. „Kann ich nur drüber lächeln. Ist traurig, dass so etwas heute noch vorkommt“, sagte er in der ARD nach dem Länderspiel Deutschland - Slowakei. „Ich glaube, heute waren auch genug positive Antworten im Stadion. Ich habe ein paar Plakate gesehen.“ Fans hatten im Stadion ein Transparent mit der Aufschrift „Jerome sei unser Nachbar!“ aufgehängt.

Der in Berlin geborene Boateng hat eine deutsche Mutter und einen ghanaischen Vater. SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte deshalb via Twitter, die AfD sei nicht fremdenfeindlich, sondern „deutschfeindlich“. Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, stellte fest: „Gauland und AfD sind nicht in Deutschland angekommen.“ Linken-Chef Bernd Riexinger befand: „Gauland ist ein ganz übler Rassist!“

Der auch für Sport zuständige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte der „Bild“-Zeitung: „Jérôme Boateng ist eine herausragende Stütze unserer Nationalmannschaft und ein absoluter Musterprofi. Jeder Deutsche kann sich glücklich schätzen, solche Leute zu haben, als Teamgefährte, deutscher Staatsbürger und als Nachbar.“

Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Reinhard Grindel, sagte der „FAS“, es sei „einfach geschmacklos“, die Popularität Boatengs und der Nationalmannschaft „für politische Parolen zu missbrauchen“. Ligapräsident Reinhard Rauball und DFL-Geschäftsführer Christian Seifert erklärten, die Äußerungen dienten „vor allem dazu, auf gefährliche Weise gezielt Vorurteile zu bedienen und auf dem Rücken eines prominenten Fußball-Spielers Politik zu machen“.

Erst in der vergangenen Woche hatten sich Anhänger der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung abschätzig über Jugendfotos der deutschen Nationalspieler auf Packungen der Kinderschokolade geäußert. Darauf zu sehen sind unter anderem auch Jérôme Boateng und Ilkay Gündogan.