Bundeswehr-Munition gefunden Affäre Franco A.: Immer mehr Details kommen ans Licht

Berlin (dpa) - In der Affäre um den terrorverdächtigen Soldaten Franco A. kommen immer mehr Details ans Licht. Laut Verteidigungsministerium stammen Munition und Ausrüstungsgegenstände, die bei dem mutmaßlichen 24-jährigen Komplizen von Franco A. gefunden worden waren, aus Bundeswehrbeständen.

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Die Rufe nach Aufklärung der Affäre werden lauter. Auch die Kritik an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nimmt zu. Oberleutnant Franco A. (28) hatte ein bizarres Doppelleben als falscher Flüchtling geführt und womöglich einen Anschlag geplant.

Gegen Verantwortliche bei der Bundeswehr sind nun sogenannte Verwaltungsermittlungen eingeleitet worden. Wie Kreise des Ministeriums berichteten, soll damit geklärt werden, ob es zu Dienstvergehen im Umgang mit dem rechtsextremen Soldaten kam. Sie richteten sich gegen das Streitkräfteamt und gegen den Disziplinarvorgesetzten von Franco A. in Frankreich. Es handle sich aber nicht um disziplinarrechtlichen Ermittlungen.

Von der Leyen (CDU) traf sich am Donnerstag in Berlin mit mehr als 100 hochrangigen zivilen und militärischen Führungskräften zu einer Krisensitzung im Bendlerblock, um über den Fall zu sprechen. In der Aussprache, die nach Angaben aus Teilnehmerkreisen „sehr freimütig und offen“ war, ging es auch um das Prinzip der „Inneren Führung“. Dieses hatte aus Sicht der Ministerin im Fall des rechtsextremen Soldaten Franco A. nicht gegriffen. Einen zuvor angekündigten Fototermin sagte von der Leyen, der vom politischen Gegner Inszenierung vorgeworfen wird, kurzfristig ab. Es handele sich um eine interne Veranstaltung, begründete ein Sprecher die Entscheidung.

Der 28-jährige Franco A. steht im Verdacht, einen Terroranschlag geplant zu haben. Auf einer Liste möglicher Anschlagsziele stand auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. Obwohl er durch Sicherheitspersonal gut geschützt sei, habe die Morddrohung bei ihm ein mulmiges Gefühl ausgelöst, sagte Ramelow, der darüber vom Landeskriminalamt informiert worden war. Weitere prominente Namen auf der Liste sollen Ex-Bundespräsident Joachim Gauck und Justizminister Heiko Maas (SPD) sein.

Unterdessen hielt die Kritik an von der Leyens Krisenmanagement an. „Die klebrige Selbstinszenierung von Frau von der Leyen macht nichts besser. Hochglanzbilder für die Presse lösen keine Probleme bei der Bundeswehr“, sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley der Deutschen Presse-Agentur. Die CDU-Politikerin inszeniere sich „mit großem Tam-Tam als Ober-Aufklärerin“. In Wirklichkeit betreibe sie aber keine Aufklärung, „sondern bloße Selbstverteidigung“.

Die Linksfraktion im Bundestag verlangte, die Bundeswehr müsse Kasernen umbenennen, die noch die Namen von Wehrmachtssoldaten tragen. „Der Wehrmachtsverherrlichungs-Saustall in der Bundeswehr muss aufgeräumt werden“, teilte die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke am Donnerstag mit.

Linke und Grüne im Bundestag fordern eine Sondersitzung des Verteidigungsausschusses. „Wir erwarten, dass die Ministerin den Abgeordneten rasch, umfassend und persönlich Bericht zum Fortgang der Ermittlungen und zu ergreifenden Konsequenzen erstattet“, teilte Christine Buchholz, verteidigungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, mit. Der Fall bestätige ein systemisches Problem mit Rechtsradikalismus in der Bundeswehr. „Angesichts der gravierenden Vorkommnisse bei der Bundeswehr kann ich den Wunsch der Opposition nach einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses nachvollziehen“, teilte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht mit.

In einer repräsentativen N24-Emnid-Umfrage attestierte fast die Hälfte der Befragten der Bundeswehr ein Rechtsradikalismus-Problem: 49 Prozent der Deutschen sehen demnach ein grundsätzliches Problem mit rechter Gesinnung in der Bundeswehr. 43 Prozent stimmen dem nicht zu. 48 Prozent meinen, von der Leyen trage eine Mitverantwortung für die Gesinnungslage in der Bundeswehr.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland forderte die Bundeswehr auf, auf, aktiver gegen Rechtsextreme in ihren Reihen vorzugehen. „Die Bundeswehr darf weder Nährboden für Rechtsextremismus noch für Rechtsextreme attraktiv sein“, erklärte Zentralrats-Präsident Josef Schuster am Donnerstag. Er schlug „zur Stärkung der Inneren Führung und Demokratieausbildung der Soldaten“ vor, dass Militärrabbiner, die als Seelsorger für jüdische Soldaten tätig sind, in der Ausbildung auch andere Soldaten über die Tradition und Kultur des Judentums aufklären sollen.

Generalinspekteur Volker Wieker kündigte nach dem Versagen von Dienstvorgesetzten im Fall des rechtsextremen Bundeswehroffiziers eine Klärung auf höchster Ebene an. „Es geht nicht um einen Generalverdacht, sondern um die ganz berechtigte Sorge, dass all die Selbstreinigungsmechanismen (...) nicht so zur Wirkung gelangen, wie wir uns alle das wünschen“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“.