Affäre Wowereit: Der Aufschrei bleibt aus
Die Fälle von Klaus Wowereit und Christian Wulff ähneln sich. Doch es gibt Unterschiede.
Düsseldorf. „Wowereit macht den Wulff“ oder: „Wowereits kleine Wulffereien“ — die Überschriften überregionaler Zeitungen werfen ein Schlaglicht auf einen Vorgang, der auf den ersten Blick das Zeug zur Affäre hat. Aus dem aber offensichtlich trotz der Aufklärungsversuche der Berliner Opposition kein Skandal wird, der Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in ernste Schwierigkeiten bringt. Warum ist das so? Geht es doch in beiden Fällen um Gratis-Vergünstigungen an Landes-Regierungschefs.
Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft in Tübingen, sieht zwei wesentliche Unterschiede zur Affäre Wulff: „Zum einen ist hier kein Gegengeschäft erkennbar.“ Es gebe ja auch keine staatsanwaltlichen Ermittlungen zu der Frage, ob Klaus Wowereit im Gegenzug irgendetwas versprochen habe.
Vor allem aber sieht der Medienwissenschaftler, zu dessen Spezialgebieten die Forschung über Medienskandale gehört, die prinzipiell unterschiedlichen Politikertypen, zu denen Wulff und Wowereit gehören. „Wowereit galt jedenfalls jahrelang als Partylöwe, von dem es auch mal ein Foto gab, wie er Champagner aus einem Damenschuh trank.“ Er sei einer, der für den Spaß am Leben steht.
Bei Christian Wulff hingegen sei ab dem Zeitpunkt, in dem er Bundespräsident wurde, die Lage eine ganz andere gewesen. „Der Bundespräsident lebt von und mit den hohen moralischen Anforderungen, die er verkörpert.“ Da sei dann auch die moralische Fallhöhe viel höher, wenn etwas herauskommt, das der Vorbildfunktion widerspricht.
Übrigens widerspricht der Medienwissenschaftler rückblickend auf die Affäre Wulff der Wahrnehmung mancher Zeitgenossen, der Bundespräsident sei durch eine Medienkampagne zu Fall gebracht worden. „Die intensive Berichterstattung blieb doch viele Wochen lang ohne Wirkung. Erst der Eingriff von anderer Seite, nämlich die eingeleiteten staatsanwaltlichen Ermittlungen, führten zum Rücktritt.“