Afghanistan: Steinmeier zieht ernüchternde Bilanz
Außenminister besucht Afghanistan. Er sieht viele Erfolge, aber auch eine Menge Probleme im Land am Hindukusch.
Kabul. Manches muss Frank-Walter Steinmeier (SPD) bekannt vorkommen.
Die hektische Fahrt in der gepanzerten Kolonne durch die Straßen von Kabul, das Treffen mit Afghanistans umstrittenem Präsidenten Hamid Karsai in dessen Palast, die hochgesicherte deutsche Botschaft.
So war das schon im August 2006, als Steinmeier zum ersten Mal als Außenminister hier war. Und so ist es am Sonntag wieder, beim ersten Besuch seit der Rückkehr ins Auswärtige Amt.
Viel ist in diesen Anfangswochen der neuen großen Koalition von einer „neuen deutschen Außenpolitik“ die Rede, mit der Berlin in der Welt mehr Engagement zeigen will. In Afghanistan jedoch geht es für Steinmeier darum, halbwegs ordentlich mit einer Altlast fertig zu werden.
Nach fast 13 Jahren am Hindukusch will die Bundeswehr bis Ende 2014 ihre Kampftruppen abziehen, wie alle anderen verbliebenen Staaten des Isaf-Einsatzes auch. Von jetzt 3100 deutschen Soldaten sollen höchstens 800 übrig bleiben, und zwar nur zur Beratung und Ausbildung der afghanischen Armee.
Steinmeier ahnt, dass die Bilanz nüchtern ausfallen wird. „Wir haben nicht alles erreicht, was wir uns vorgestellt haben“, gibt er zu.
„Aber wir sollten nicht geringschätzen, was wir erreicht haben.“ Afghanistan sei nicht mehr — wie zu Zeiten des Taliban-Regimes — das zentrale Ausbildungslager für islamistische Terroristen. Und es stimmt auch, dass die Leute älter werden, Frauen mancherorts besser behandelt werden und Kinder wieder zur Schule gehen können.
Viele sehnen die Präsidentenwahl am 5. April entgegen. Karsai selbst darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Allerdings könnte sich die Entscheidung hinziehen. Eine Stichwahl ist wahrscheinlich, und es könnte September werden, bis der Nachfolger im Amt ist.
Der müsste dann das mit den USA ausgehandelte Abkommen über den Schutz ausländischer Soldaten vor der afghanischen Justiz unterzeichnen. Es ist die Voraussetzung, damit die Berater im Land bleiben. Auch Steinmeier macht klar: Ohne ein derartiges Abkommen, das für Deutschland ein Vorbild wäre, bleiben keine deutschen Ausbilder nach 2014 im Land.