Merkel stimmt Union auf Politik mit SPD-Kernthemen ein

Erfurt (dpa) - Das Vorgehen ist bekannt: Die Kanzlerin hält sich lange zurück, und dann bekommen Mitstreiter ihre Macht zu spüren. Am Wochenende traf es die SPD, die CSU und den CDU-Wirtschaftsflügel.

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In einem Rundumschlag hat Kanzlerin Angela Merkel ihre CDU auf eine neue Sozialpolitik eingestimmt, um der SPD auch Kernthemen streitig zu machen. Außerdem rief die CDU-Vorsitzende die Schwesterpartei CSU zur Ordnung bei der Energiewende auf. Nach einer CDU-Vorstandsklausur in Erfurt machte die Chefin der großen Koalition am Samstag deutlich, dass sie auch die Wahl 2017 gewinnen will.

Es sei wichtig, in den ersten Jahren der Legislaturperiode die programmtischen Weichen für die nächste Bundestagswahl zu stellen, sagte Merkel. Eine Partei, die 40 Prozent der Stimmen holen wolle, müsse Wirtschafts- und Sozialpolitik gleichermaßen betreiben, mahnte sie - auch mit Blick auf die Europawahl am 25. Mai. „Da gibt es kein Entweder-Oder.“

Dies dürfte sowohl als Kampfansage an die SPD als auch an den CDU-Wirtschaftsflügel verstanden werden, der Merkel dafür kritisiert, dass die schwarz-rote Koalition eine zu teure Sozialpolitik betreibe. Merkel sagte, die Bürger sollten wissen, dass die CDU für sie sowohl im Arbeitsleben als auch bei Pflegebedürftigkeit und Krankheit da sei.

Der Vorstand setzte drei Kommissionen zu Themengebieten der SPD im Bundeskabinett ein: Wirtschafts- und Arbeitswelt, Gesellschaft und Verbraucherschutz. Geleitet werden sie von den stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner, Armin Laschet und Thomas Strobl.

Trotz massiver Proteste in Bayern will Merkel am Bau riesiger neuer Stromtrassen in den Süden festhalten. „Es wird Gleichspannungsleitungen geben, darüber sind wir uns auch alle einig“, sagte sie in Erfurt. Mit Blick auf die vom Bundeskabinett beschlossene Drosselung beim Bau von Windparks in Nord- und Ostsee sowie bei Windrädern an Land würden die Planungen zwar überprüft. Aber wahrscheinlich würden sie bei den Haupttrassen so bleiben. „Ich bin darüber mit Horst Seehofer in einem guten Gespräch“, sagte sie mit Blick auf jüngste Einwände des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden.

Am 18. Februar werden Union und SPD nach Unionsangaben zu ihrem ersten Koalitionsausschuss zusammenkommen. Hauptthemen werden erneut die Energiewende und die Rentenpolitik sein.

Die CDU zieht mit dem früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister in den Europawahlkampf. Der 43-Jährige tritt gegen den SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz an, der Präsident des Europaparlaments ist und Kommissionspräsident werden will.

Zu dem 77-seitigen, vom Vorstand einstimmig beschlossenen Programmentwurf für die Europawahl sagte Merkel: „Wir haben uns für ein sehr ausführliches Programm entschieden.“ Die CDU wolle ein bürgernahes Europa. Die Menschen sollten in einem geeinten Europa einen Mehrwert sehen. Die Kanzlerin bekräftigte, dass es Deutschland auf Dauer nur gut gehe, wenn es ganz Europa gut gehe. Und: „Im Jahre 2019 soll es den Menschen in allen Teilen Europas besser gehen als heute.“

Das Papier ist in Teilen unkonkret, soll aber mit Themen von der Wirtschaftspolitik über die Energiewende bis zum Datenschutz eine möglichst breite Wählerschicht ansprechen. Dennoch liegt der Schwerpunkt bei der Wirtschafts- und Industriepolitik. Laschet sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag), dieser Wahlkampf werde „der politischste Wahlkampf, den Europa je hatte“. Er warf SPD und Grünen „Bevormundungsphantasien“ vor.

Die Union will bei der Wahl im Mai ihr Ergebnis von 2009 (37,9 Prozent) deutlich verbessern und die SPD weiter auf Abstand halten. Die Sozialdemokraten waren damals auf knapp 21 Prozent gekommen. Nach dem aktuellen ARD-„Deutschlandtrend“ wäre die Union derzeit mit 38 Prozent stärkste Kraft bei den deutschen Wählern, die SPD läge bei 29 Prozent. Ziel von CDU und CSU ist ein Ergebnis wie bei der Bundestagswahl (41,5 Prozent).