Merkel kündigt Politik auch mit SPD-Themen an
Erfurt (dpa) - Die Kanzlerin hat sich zu Jahresbeginn in Ruhe angesehen, wie die SPD die Union mit Themen wie der Rente erst einmal übertrumpft. Nun macht sie dem Koalitionspartner die Deutungshoheit über soziale Themen streitig.
Und dies ist auch eine Ansage an den CDU-Wirtschaftsflügel.
Die CDU von Kanzlerin Angela Merkel will im Europawahlkampf neben ureigenen Themen wie Wirtschaftspolitik verstärkt SPD-Kernkompetenzen abdecken - etwa soziale Sicherheit. „Wenn Sie in der Umgebung von 40 Prozent Stimmen bekommen wollen, dann müssen Sie diese beiden Dinge gleichermaßen haben. Da gibt es kein Entweder-Oder“, sagte Merkel am Samstag nach einer Vorstandsklausur ihrer Partei in Erfurt.
Die Bürger sollten wissen, dass die CDU für sie sowohl im Arbeitsleben als auch bei Pflegebedürftigkeit und Krankheit da sei, betonte die Parteichefin. Dies dürfte sowohl als Kampfansage an die SPD als auch als Appell an den Wirtschaftsflügel der CDU verstanden werden, der sich darüber beklagt, dass die Partei in der großen Koalition eine zu teure Sozialpolitik machen wolle.
Die stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner, Armin Laschet und Thomas Strobl sollen nun Themengebiete für die Partei bearbeiten, die im Bundeskabinett vor allem bei den SPD-Ministern Sigmar Gabriel (Wirtschaft), Heiko Maas (Justiz und Verbraucher), Manuela Schwesig (Familie) und Andrea Nahles (Arbeit und Soziales) liegen.
Es sei immer wichtig, dass man in den ersten Jahren der Legislaturperiode die programmtischen Weichen für die nächste Bundestagswahl stelle, sagte Merkel. Dafür habe der Vorstand drei Kommissionen eingesetzt: zu den Veränderungen in der Arbeitswelt (Strobl), zur Beteiligung und Lebensqualität von Bürgern (Laschet) sowie zum Verbraucherschutz (Klöckner).
Die CDU zieht mit dem früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister in den Europawahlkampf. Der 43-Jährige tritt gegen den SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz an, der Präsident des Europaparlaments ist und Kommissionspräsident werden will. Der 58-jährige Schulz soll auch Spitzenkandidat aller sozialdemokratischer Parteien in Europa werden. Die konservativen Parteien werden sich vermutlich auf Luxemburgs früheren Regierungschef Jean-Claude Juncker festlegen.
Zu dem 77-seitigen, vom Vorstand einstimmig beschlossenen Programmentwurf für die Europawahl sagte Merkel: „Wir haben uns für ein sehr ausführliches Programm entschieden.“ Die CDU wolle ein bürgernahes Europa. Die Menschen sollten in einem geeinten Europa einen Mehrwert sehen. Sie wiederholte, dass es Deutschland auf Dauer nur gut gehe, wenn es ganz Europa gut gehe. Und: „Im Jahre 2019 soll es den Menschen in allen Teilen Europas besser gehen als heute.“
McAllister sagte: „Wir haben ein umfassendes Programm, das auf alle Fragen der Europapolitik eine Antwort gibt.“ Er freue sich auf einen dynamischen Wahlkampf.“ Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte: „Die Bürger haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie wir im Einzelnen denken.“
Das Papier ist in Teilen unkonkret, soll aber mit Themen von der Wirtschaftspolitik über die Energiewende bis zum Datenschutz eine möglichst breite Wählerschicht ansprechen. Die CDU will einen Europawahlkampf führen, der die Vorzüge der Europäischen Union herausstellt und deutlich macht, wie sehr Deutschland von einem gemeinsamen Europa profitiert.
Die Union will bei der Wahl am 25. Mai ihr vergleichsweise enttäuschendes Ergebnis von 2009 (37,9 Prozent) deutlich verbessern und den Koalitionspartner SPD weiter stark auf Abstand halten. Die Sozialdemokraten waren damals auf knapp 21 Prozent gekommen.