Alles Müller, oder was?
Die Berliner SPD hat ihre Selbstbeschäftigung beendet. Schneller als gedacht und mit überraschender Eindeutigkeit kürte die Parteibasis einen Nachfolger des amtsmüden Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit.
Der noch amtierende Bausenator Michael Müller ist zweifellos einem breiteren Publikum unbekannt. Aber das muss nichts heißen. Auch Wowereit war praktisch ein unbeschriebenes Blatt, als er vor 13 Jahren ins Rote Rathaus der Hauptstadt einzog. Mittlerweile ist er der dienstälteste Chef einer Landesregierung.
Mit Wowereit verbindet sich der Aufstieg Berlins zu einer spannenden und weltoffenen Metropole. Die Fußstapfen sind also groß, in die Müller nun tritt. Er gilt als solider und verlässlicher Arbeiter, was schon mal ein guter Anfang ist, wenn man die Neigung zur politischen Überheblichkeit in Betracht zieht, von der Wowereit nicht frei war.
Was das Verfahren zur Findung des Nachfolgers angeht, so sollte es weiter Schule machen. Schon das SPD-Mitgliedervotum über den schwarz-roten Koalitionsvertrag nach der Bundestagswahl war ein Lehrbeispiel für innerparteiliche Demokratie. Die Inhalte wurden breit diskutiert, und entsprechend hoch fiel am Ende auch die Beteiligung aus.
Umso merkwürdiger allerdings, dass von den gut 17.000 Berliner Sozialdemokraten jetzt lediglich rund 11.000 ihre Stimme abgaben. Was kann es politisch Besseres und Wichtigeres geben als den künftigen Regierungschef aus der eigenen Partei mitbestimmen zu dürfen?
Den Berliner SPD-Oberen muss diese Ignoranz zu denken geben. Handelt es sich doch um eine ganz spezielle Form von Politikverdrossenheit, wenn nicht einmal Parteimitglieder zum Mitmachen zu bewegen sind.