Amnesty: Deutlich mehr Hinrichtungen weltweit
Berlin (dpa) - Die internationalen Bemühungen um die Abschaffung der Todesstrafe haben im vergangenen Jahr einen schweren Rückschlag erlitten. Nach Angaben von Amnesty International wurden 2015 rund um den Globus mindestens 1634 Menschen hingerichtet.
Das sind über 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die tatsächliche Zahl von Exekutionen liegt vermutlich sogar mehr als doppelt so hoch.
Die Hinrichtungen gehen im Wesentlichen auf das Konto von vier Staaten: China, Iran, Pakistan und Saudi-Arabien. Im alljährlichen Todesstrafen-Bericht von Amnesty International, der an diesem Mittwoch veröffentlicht wird, ist von einem „dramatischen Anstieg“ die Rede. Amnesty-Experte Oliver Hendrich sagte: „Diese Entwicklung ist Besorgnis erregend und verstörend.“
Nach Amnesty-Angaben wurden 2015 allein im Iran mindestens 977 Todesurteile vollstreckt. Pakistan ließ 326 Verurteilte töten, Saudi-Arabien mindestens 158. Dort gibt es auch noch öffentliche Enthauptungen. Das Land mit den meisten Hinrichtungen ist jedoch weiterhin China. Die genaue Zahl wird von der Volksrepublik als Staatsgeheimnis behandelt. Amnesty schätzt aber, dass die Zahl der Exekutionen weiterhin „in die Tausende“ geht.
Hendrich sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa: „Wir vermuten, dass China wieder mehr Hinrichtungen ausführen ließ als der gesamte Rest der Welt zusammen.“ Dies würde bedeuten, dass es im vergangenen Jahr weltweit mehr als 3200 Exekutionen gab. Andere Experten gehen von schätzungsweise 2400 Hinrichtungen im Reich der Mitte aus. Dies würde eine Mindestzahl von weltweit 4000 Hinrichtungen bedeuten.
Insgesamt wurden die Todesstrafe 2015 noch in 25 Staaten vollstreckt. Darunter waren zum Beispiel auch die USA (28), der Irak (mindestens 26), Somalia (mindestens 25) und Ägypten (mindestens 22). In Europa vollstreckt als letztes Land nur noch Weißrussland die Todesstrafe. Im vergangenen Jahr gab es dort aber keine Hinrichtungen. 102 Staaten haben die Todesstrafe endgültig abgeschafft, auch Deutschland.