Analyse: Das Kartellrecht und die Macht der Ölmultis
Philipp Rösler will die Preistreiberei an Tankstellen stoppen. Sein Ansatz ist nicht neu.
Düsseldorf. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat sich am Mittwoch in die Debatte um hohe Spritpreise eingeschaltet. Er will großen Mineralölkonzernen untersagen, den Kraftstoff teurer an freie Tankstellen zu verkaufen als sie ihn an den eigenen Zapfsäulen anbieten. Dadurch will er den Wettbewerb zwischen Ölmultis und den Freien befeuern und so langfristig eine Preisentspannung herbeiführen.
Dieser Vorschlag ist alles andere als neu: Eine entsprechende Verschärfung des Kartellrechts war bereits 2009 Thema bei den Koalitionsverhandlungen von Schwarz-Gelb. Seit dem 10. November und damit knapp zwei Jahre später liegt nun ein Entwurf für eine Gesetzesnovelle vor.
Konkret geht es darum, dass marktbeherrschende Konzerne ihre kleinere Konkurrenz nicht benachteiligen dürfen. Die Situation bei Mineralöl ist besonders vertrackt: Denn in Deutschland gibt es nur eine Raffineriegesellschaft, die nicht direkt an einen Großkonzern mit eigenen Tankstellen gebunden ist. Das macht es generell schwierig zu verstehen, wie sich der Spritpreis zusammensetzt.
Eine bekannte Folge ist, dass die Mineralölkonzerne den Spritpreis bisweilen billiger an ihren eigenen Tankstellen anbieten, als sie ihn an die freien Tankstellen verkaufen.
Der Automobilclub ADAC ist alarmiert. „Die freien Tankstellen sind ein wichtiges Preiskorrektiv. Es wäre fatal, wenn immer mehr von ihnen wegbrechen würden, weil sie ihrer Existenzgrundlage beraubt werden“, sagt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel.
Dabei verbietet das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in den Paragrafen 18 bis 20 jetzt schon, die kleineren Anbieter derart zu benachteiligen. „Bis jetzt ist das Gesetz aber völlig harmlos formuliert. Zum Beispiel ist diese Preispolitik nur strafbar, wenn sie häufiger als gelegentlich vorkommt. Man fragt sich, was das heißen soll“, kritisiert Axel Graf Bülow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes freier Tankstellen.
Er sagt aber auch: „Ich glaube noch nicht einmal, dass die Großkonzerne das absichtlich machen. Das liegt einfach an den häufigen Preissprüngen.“
Die vom Wirtschaftsministerium ausgearbeitete Gesetzesverschärfung bleibt aus Sicht mehrerer Fachanwälte hinter den Erwartungen zurück. Allerdings wird darin die Rolle der Verbraucherverbände gestärkt. Sie erhalten die Möglichkeit, Unternehmen wegen eines Kartellrechtsverstoßes für Schäden in Anspruch zu nehmen, wenn viele Verbraucher davon betroffen sind. Geplanter Zeitpunkt des Inkrafttretens ist der 1. Januar 2013.