Analyse: Gorch Fock - Tod der Kadettin war Unglück

Staatsanwältin stellt die Ermittlungen ein — kritisiert aber gleichzeitig die harte Ausbildung.

Kiel/Berlin. Der Tod einer Kadettin auf dem Segelschulschiff Gorch Fock war nach Einschätzung der Kieler Staatsanwaltschaft ein Unglück. Für eine fahrlässige Tötung der 25-Jährigen im November 2010 lägen nicht genug Anhaltspunkte vor. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Oberstaatsanwältin Birgit Heß ließ aber Kritik an den Ausbildungsregeln erkennen.

Die Offiziersanwärterin war im vergangenen November am zweiten Tag ihrer Segelvorausbildung im brasilianischen Hafen Salvador da Bahia aus der Takelage auf das Deck gestürzt. Ihr Tod löste eine Affäre aus, in der es um Vorwürfe der Schikane und der sexuellen Belästigung an Bord des Dreimasters ging. Die Mutter der 25-Jährigen erstattete Strafanzeige wegen fahrlässiger Tötung.

Nach monatelangen Untersuchungen mit Vernehmungen von mehr als 50 Zeugen lässt sich der Vorwurf aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht halten. Schiffsführung, Besatzungsmitglieder oder andere Marine-Angehörige treffe strafrechtlich gesehen keine Schuld an dem Tod. Auch wenn einiges dafür spreche, dass der Absturz auf einen Erschöpfungszustand zurückzuführen sei, lasse sich die genaue Ursache nicht sicher feststellen. „Nach alldem ist davon auszugehen, dass es sich um ein ganz tragisches Unglück handelt“, sagte Heß.

Die junge Frau und andere Kadetten waren am frühen Morgen des 7. November zum Aufentern angetreten. Sie kletterte mehrmals in die Höhe — wie oft, konnte die Staatsanwaltschaft nicht sagen. Zunächst machte sie demnach einen selbstsicheren Eindruck. Später sprach sie zwar ihren Kameraden gegenüber von einem „Kraftloch“, lehnte aber Hilfe durch Ausbilder ab.

Die technische Sicherheit sei gewährleistet gewesen. Die Staatsanwaltschaft weist jedoch auch auf Probleme in der Ausbildung hin. Die Vorbereitungszeit auf dem Schiff von zehn Tagen erschiene angesichts der vielen Aufgaben knapp bemessen.

Das Verteidigungsministerium wollte die Entscheidung nicht kommentieren. Nach einem Bericht von „Focus Online“ will die Mutter der Kadettin nun Schadenersatz von der Bundesrepublik verlangen. Da es sich offenbar um einen Dienstunfall handele, habe sie Anspruch auf Schmerzensgeld, sagte ihr Anwalt dem Magazin.