Atomkraftgegner: Röttgen spielt bei Asse auf Zeit
Hannover (dpa) - Die Asse bleibt ein Dauerthema. Anwohner des maroden Atommülllagers befürchten, dass die Bundesregierung auf Zeit spielt, statt schnell die Bergung des verstrahlten Mülls zu organisieren.
Die Atomkraftgegner werfen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) bei der Suche nach einer Lösung für das einsturzgefährdete Atommülllager Asse Untätigkeit vor. Der Minister solle das größte radioaktive Problem Deutschlands endlich als solches anerkennen und die unvermeidliche Rückholung des Atommülls zur Chefsache machen, forderte der Asse-II-Koordinationskreis. Für die Bergung von etwa 50 000 Kubikmetern Atommüll und Salz aus dem maroden Bergwerk müsse sofort ein Expertenteam zusammengestellt werden.
Vor zwei Jahren hatte die zuständige Behörde, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), in einer Vergleichsstudie die Rückholung des Atommülls als beste Lösung präsentiert. In der Asse lagert schwach- und mittelradioaktiver Müll aus 126 000 Fässern. Sie wurden achtlos hineingekippt, viele Behälter sind beschädigt.
Die Verfüllung der Grube mit Beton oder ihre Flutung ist für die Bürgerinitiative keine Alternative. „Wenige Jahre nach Schachtverschluss wäre dann eine Verseuchung des Grundwassers zu befürchten“, sagte Andreas Riekeberg vom Asse-II-Koordinationskreis.
Das sieht das BfS genauso. „Die Schutzziele nach dem Atomgesetz sind nach dem heutigen Kenntnisstand nur mit der Rückholung der schädlichen Abfälle zu gewährleisten. Ob der Berg uns hierfür die Zeit lässt, ist jedoch angesichts des schlechten Zustandes der Schachtanlage offen“, sagte Behördensprecher Werner Nording.
Nach einem internen Vermerk von BfS-Fachleuten sollte die Rückholung aus Sicherheitsgründen 2020 abgeschlossen sein. Dies sei allerdings ein „Worst case“-Szenario, erläuterte der Sprecher.
Mitte Januar treffen sich Fachleute, auch um über den Zeitplan für die Schließung des Atommülllagers zu diskutieren. Unstrittig ist, es muss so schnell wie möglich gehen. Nach Berechnungen der Atomkraftgegner wären die technischen Voraussetzungen für eine Bergung des Mülls in fünf bis sieben Jahren geschaffen. Notwendig sei allerdings der politische Wille, das Problem zu lösen.
Der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) mache in der Asse-Debatte eine erbärmliche Figur, kritisierten die Atomkraftgegner weiter. „Es gibt keine offizielle Linie. Man zieht sich darauf zurück, dass man nur Genehmigungsbehörde ist.“
Für das Mammutprojekt Rückholung des Atommülls sei darüber hinaus eine andere Rechtsgrundlage notwendig. In den kommenden Monaten müsse diskutiert werden, ob dies auf Basis des Gefahrenabwehrrechts am sinnvollsten sei oder beispielsweise ein Maßnahmengesetz Asse notwendig werde. SPD-Chef Sigmar Gabriel besucht am Mittwoch das Atomlager Asse II, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen.