Aufbau Ost lähmt Kommunen West
Städte müssen Transferleistungen mit Schulden finanzieren. Dagegen regt sich nun Widerstand an Rhein und Ruhr.
Düsseldorf. Die Verhältnisse von vor 20 Jahren haben sich mittlerweile teilweise umgekehrt: Im Osten gibt es Haushaltsüberschüsse und Luxussanierungen, im Ruhrgebiet und vielen anderen NRW-Kommunen hingegen fehlt das Geld für Schulen, Schwimmbäder und Straßensanierungen. Dabei liegt bundesweit die Verschuldung der Kommunen in NRW am höchsten.
Dirk Elbers (CDU), Düsseldorfs Oberbürgermeister und Mitglied des Präsidiums des Städtetages: „Es gab sehr gute Gründe für den Solidarpakt Ost. Es war ein Gebot der innerdeutschen Solidarität, den Kommunen im Osten zu helfen.“
Inzwischen aber seien die Verhältnisse anders: „Viele Kommunen in NRW sind heute nicht weniger hilfsbedürftig als manche Kommunen im Osten. Solidarität muss sich nach klaren Kriterien der Bedürftigkeit ausrichten und nicht mehr ein pauschaler Dauertransfer von West nach Ost sein.“
Es sei „schwer nachvollziehbar, dass Duisburg als Nothaushaltskommune gezwungen wird, auch im Kulturbereich zu kürzen und damit die bewährte Kooperation zwischen Düsseldorf und Duisburg bei der Deutschen Oper am Rhein gefährdet ist, während Duisburg jedes Jahr den eigenen Anteil am Solidarpakt durch neue Schulden aufbringen muss“.
Wuppertals Oberbürgermeister Peter Jung (CDU): „Eine Stadt wie Wuppertal mit einer Gesamtverschuldung von über zwei Milliarden Euro zahlt zwischen zehn und 20 Millionen Euro pro Jahr in den Solidarpakt Ost ein.
Diese Zahlungen — über 300 Millionen Euro seit 1992 — müssen wir über Kredite mit den entsprechenden Zinslasten finanzieren. Mehr als zwei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung und nachdem nicht wenige Städte im Osten inzwischen den Haushaltsausgleich geschafft haben, ist das nicht mehr hinnehmbar.“
Auch Norbert Bude (SPD), Oberbürgermeister von Mönchengladbach, kann die Initiative seiner Amtskollegen nachvollziehen: „Mönchengladbach hat als Nothaushaltskommune mit Schulden von rund 1,3 Milliarden Euro bis Ende 2010 bereits insgesamt 226 Millionen Euro gezahlt. Seitdem kommen in jedem Jahr weitere rund zehn Millionen hinzu, die wir vollständig über Kredite finanzieren müssen.“
Solingens Oberbürgermeister Norbert Feith (CDU): „Allein im laufenden Jahr zahlen wir sechs Millionen Euro für den Solidarpakt. Der aktuelle Stand unserer Schulden beträgt mehr als 930 Millionen Euro.“
Krefelds Oberbürgermeister Gregor Kathstede (CDU): „Ich unterstütze die Forderung der Kollegen aus dem Ruhrgebiet. Es ist ärgerlich, dass wir zahlen müssen, diese Zahlungen dann auch noch über Kredite finanzieren müssen. Die Förderung nach geographischen Gesichtspunkten ist mittlerweile überholt. Es müsste nach Bedürftigkeit gehen. Das Geld könnten wir hier auch gut brauchen.“ Krefeld hat seit 1991 immerhin rund 180 Millionen Euro für die deutsche Einheit bezahlt — und hatte im vergangenen Jahr einen Schuldenberg von 820 Millionen Euro.