Relativierung der NS-Zeit Aufregung über „Vogelschiss“-Skandal nützt der AfD
Berlin (dpa) - Die Empörung über die Äußerung des AfD-Chefs Alexander Gauland, die NS-Zeit sei ein „Vogelschiss“ in über 1000 Jahren deutscher Geschichte, dürfte aus Sicht des Historikers Michael Wolffsohn den Rechtspopulisten auch von Nutzen sein.
„Die empörten AfD-Gegner haben zwar inhaltlich Recht, politisch aber die AfD gestärkt. Sie wurden unfreiwillig die nützlichen Idioten der AfD und erkennen bis heute nicht, dass und wie sie in die AfD-Falle tappen“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag).
Um die AfD erfolgreich zu bekämpfen, müsse man nicht nur reden, sondern handeln, sagte Wolffsohn. „Es wird Zeit, dass die Merkels & Co. sowie andere Demokraten Gauland & Co. jagen, zum Beispiel durch Strafanzeigen.“
Gauland hatte am Samstag beim Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative gesagt: „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.“ Der Satz fiel nach einem Bekenntnis zur Verantwortung der Deutschen für den Nationalsozialismus mit Millionen ermordeten Juden und Millionen Kriegstoten.
SPD-Vize Ralf Stegner dringt auf eine Beobachtung der Rechtspopulisten durch den Verfassungsschutz. „In dieser Partei gibt es auf der Führungsebene und in den Parlamenten Demokratiefeinde, Rassisten, Volksverhetzer und Rechtsextremisten sowie Neonazis“, sagte er der Funke Mediengruppe.
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland veröffentlichte kritische Stimmen von Prominenten aus Politik, Sport, Gesellschaft sowie Medien und Literatur, die Gaulands Äußerungen verurteilten. Darunter sind DFB-Präsident Reinhard Grindel, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sowie die amtierende Miss Germany Anahita Rehbein und der Schriftsteller Sten Naldony.
Angesichts der Empörung hatte Gauland die umstrittene Aussage relativiert. „Es war nicht meine Absicht, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu bagatellisieren“, sagte er.
ARD-Talker Frank Plasberg kündigte am Montag an, Gauland nicht mehr in seine Sendung „hart aber fair“ einzuladen“. Dem „Tagesspiegel“ sagte er: „Wer die Verbrechen des Nationalsozialismus relativiert, kann kein Gast bei „hart aber fair“ sein.“