Bahn-Kompromiss bei Stuttgart 21 - Gegner sehen Show
Stuttgart (dpa) - Vor der Volksabstimmung über Stuttgart 21 macht der Bahn-Chef Rüdiger Grube plötzlich gut Wetter: Der Südflügel des Bahnhofs dürfe solange stehenbleiben. Den Gegnern ist das zu durchsichtig: Der Abriss jetzt sei ohnehin nicht nötig.
Grundsätzlich sei es denkbar, den Südflügel des denkmalgeschützten Hauptbahnhofs vor der Volksabstimmung im Herbst nicht abzureißen, so der Bahnchef. Baden-Württembergs grüner Verkehrsminister Winfried Hermann - ein Stuttgart-21-Gegner - findet das grundsätzlich begrüßenswert. Allerdings sei das kein besonderes Geschenk - denn die Bauplanung der Bahn sehe den Abriss des Südflügels ohnehin viel später vor. So sei ein Teilabriss erst für Februar 2012 geplant gewesen, vollständig verschwinden solle der Südflügels sogar erst im Zeitraum 2013 bis 2020.
Grube stellte für den vorübergehenden Verzicht auf den Abriss aber Bedingungen: „Finanziell und rechtlich“ dürften den Unternehmen keine Nachteile entstehen. Auch dürfe das Projekt dadurch nicht weiter verzögert werden, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Das müsse Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ihm verbindlich zusichern. „Wir wollen ja niemanden unnötig provozieren und schon gar nicht eskalieren“, sagte Grube.
Zuvor hatte Kretschmann die Bahn mehrfach davor gewarnt, den Südflügel vor der für Ende November geplanten Volksabstimmung abzureißen. Minister Hermann sagte: „Offenbar hat Herr Grube erkannt, dass ein baldiger Abriss zu einer Eskalation beitragen könnte.“
Unterdessen wird ein erster Termin für eine mögliche Volksabstimmung über Stuttgart 21 gehandelt: der 27. November. Landeswahlleiterin Christiane Friedrich forderte die Kommunen auf, diesen Termin zu prüfen. Ein Sprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht der „Badischen Neuesten Nachrichten“. Diese sogenannte Anhörung gehört zum Ablauf eines Volksentscheids, damit die Kommunen rechtzeitig die Abstimmung organisieren können.
Ob es zu einem Volksentscheid kommt, hängt vom Parlament ab. In einer Sondersitzung am 16. September wollen die Abgeordneten über das Ausstiegsgesetz zu Stuttgart 21 beraten und am 28. September darüber abschließend entscheiden. Die Abgeordneten der SPD wollen gegen den Entwurf ihrer Regierung stimmen. Auf diese Weise kommt es zu einem Konflikt zwischen Regierung und Parlament, der eine Volksabstimmung ermöglicht.