Bahnchef droht indirekt mit S21-Klage
Stuttgart (dpa) - Das Ringen um das Bahnprojekt Stuttgart 21 geht weiter: Bahnchef Rüdiger Grube hat der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg indirekt mit einer Klage gedroht. Bund, Land, Stadt Stuttgart und Bahn hätten sich der Projektförderung verpflichtet, sagte Grube am Dienstabend.
„Wenn jemand dieser Pflicht zur Förderung des Projektes nicht nachkommt, den muss ich dann verklagen“, fügte Grube mit Blick auf Verzögerungen durch andauernde Proteste und einen möglichen Volksentscheid im Herbst hinzu.
Die Bahn kündigte am Mittwoch an, in Stuttgart von nächster Woche an ein 17 Kilometer langes Rohrleitungssystem zur Behandlung des Grundwassers aufzubauen. Proteste der Gegner werden erwartet.
Grube will die Ergebnisse des Stresstests schon am 11. Juli den Projektpartnern übergeben. Einen entsprechenden Bericht des „Handelsblatts“ (Donnerstag) bestätigte Projektsprecher Wolfgang Dietrich am Mittwochabend der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Die Ergebnisse werden den Projektpartnern „vertraulich“ zur Verfügung gestellt, sagte Dietrich. Am 14. Juli kommt es zur öffentlichen Präsentation, die wieder im Sender Phoenix übertragen werden soll.
Das 4,50 Meter hohe Leitungssystem soll von der Baustelle am Hauptbahnhof Richtung Neckar führen und dient der Filterung und Absenkung des Grundwasserspiegels während der Bauarbeiten. Rund ein Kilometer des Leitungsnetzes werde durch Wohngebiet verlaufen, sagte Projektsprecher Dietrich. Er erklärte, dass auch die Bauarbeiten an der Neubaustrecke Ulm-Wendlingen fortgesetzt werden.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte, es könne nicht sein, dass man zwischen mehreren öffentlichen Partnern stur an Verträgen festhalte, wenn die Kosten für ein Großprojekt ins Uferlose stiegen. Für solche Fälle müsse es Ausstiegsmöglichkeiten geben.
Hermann wies gegenüber „Handelsblatt Online“ den Vorwurf von Grube zurück, die Grünen hätten im Landtagswahlkampf die Wähler getäuscht, weil stets klar gewesen sei, dass die Verträge zu Stuttgart 21 eingehalten werden müssten. Die Bahn habe sich schließlich selbst mit dem zweiteiligen Bau- und Vergabestopp sowie mit dem Stresstest auf ein Verfahren eingelassen, das auch zu einem anderen Ergebnis als dem Weiterbau führen kann. „Die Bahn sollte es unterlassen, der Politik Täuschung vorzuwerfen, da sie bis heute keine Klarheit über die tatsächliche Entwicklung der Kosten für Stuttgart 21 herstellt“, sagte Hermann.
Auch das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 will von seiner Position nicht abrücken. Die Gegner des Milliardenprojekts forderten am Mittwoch einen Baustopp bis Herbst und ein neues Planfeststellungsverfahren für einen Teil des Bahnhofsneubaus. Nach der Auswertung des Stresstests zur Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs sei eine breite öffentliche Diskussion nötig, sagte die neue Vorsitzende des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Brigitte Dahlbender, in Stuttgart. Die Bahn hingegen plane eine Vergabe größerer Aufträge bereits für den 15. Juli.
Der bisherige Kopfbahnhof in Stuttgart soll in eine unterirdische Durchgangsstation umgewandelt und an die geplante ICE-Neubaustrecke nach Ulm angeschlossen werden. Nach einem mehr als zweimonatigen Bau- und Vergabestopp hatte die Bahn die Arbeiten am Dienstag wieder aufgenommen.