Balladenabende für das NSU-Trio: Ermittler berichten

München (dpa) - Mit Benefizkonzerten und Balladen-Abenden soll in der rechten Szene für die untergetauchten Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gesammelt worden sein.

Das habe der Angeklagte Holger G. erzählt, berichtete ein Beamter des Bundeskriminalamts im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. G. hatte im Ermittlungsverfahren sowohl Beate Zschäpe als auch den Mitangeklagten Ralf Wohlleben mit seinen Aussagen belastet; vor Gericht hatte er aber zu den Tatvorwürfen nur eine vorbereitete Erklärung vorgelesen.

Der NPD-Funktionär Ralf Wohlleben soll die Benefizkonzerte nach den Aussagen von Holger G. mitorganisiert haben. Einmal habe Wohlleben ihm auch eine Waffe gegeben, die er zu den dreien transportiert habe. Als er gefragt habe, wozu die Pistole dienen solle, habe Wohlleben gesagt: „Es ist besser, wenn du nicht weißt, was sie damit vorhaben.“ Wohlleben ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt, Holger G. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.

G. war einer der wichtigsten Helfer der mutmaßlichen Neonazi-Terroristen im Untergrund. Unter anderem hatte er ihnen seinen Reisepass und seinen Führerschein zur Verfügung gestellt. Etwa einmal im Jahr trafen ihn die drei zu sogenannten „Systemchecks“: Ein paar Tage Urlaub, zu denen sie ihn einluden - und nebenbei wohl prüften, was sich in seinem Leben verändert hatte. In der Öffentlichkeit sollte G. sie mit „Lisa, Max und Gerry“ ansprechen. Von anderen Helfen der Gruppe wusste G. wohl nur sehr wenig - offenbar hätten die Untergetauchten ihre verschiedenen Unterstützer „strikt getrennt“, folgerte der Beamte.

Bei seinen Besuchen konnte G. regelmäßig beobachten, wie die drei miteinander umgingen - das macht ihn zu einem wichtigen Zeugen der Anklage, vor allem, wenn es um die Rolle Zschäpes in der Gruppe geht. „Man muss sagen, dass uns die Aussage von Herrn G. extrem weitergebracht hat in dem Verfahren“, sagte der BKA-Beamte. Da sich der 39-jährige vor Gericht nicht befragen ließ, ist das Gericht auf seine früheren Aussagen angewiesen - hierzu dient die Befragung des Vernehmungsbeamten.

Zschäpe habe mit Böhnhardt und Mundlos gelebt „wie eine Ehefrau“; offiziell sei sie aber mit keinem der beiden liiert gewesen. Die drei seien sehr harmonisch miteinander umgegangen - sie hätten G. jedoch erzählt, dass es früher zu heftigem Streit zwischen Mundlos und Böhnhardt gekommen sei - so heftig, dass einer zum Messer gegriffen habe. Mundlos sei daraufhin für eine Weile ausgezogen, wegen der Situation im Untergrund habe man dann aber beschlossen, doch wieder zusammen zu leben.

G.s damalige Aussagen sind eher nachteilig für Beate Zschäpe. Der Vorwurf der Mittäterschaft stützt sich in wesentlichen Teilen auf seine Angaben. Sie sei „durchsetzungsstark, kein Typ, der sich unterordnen würde“, schilderte G. die Hauptangeklagte. Sie sei „gleichberechtigtes Mitglied“ der Gruppe gewesen. „Entscheidungen wurden immer in Absprache mit Frau Zschäpe gefällt.“ Zschäpe „hatte die Finanzen im Griff“, sie habe alles gezahlt, Essen, Unterkunft. Einmal hätten sie gemeinsam einen Rundflug über Usedom unternommen; auch hierfür habe sie bezahlt. Außerdem schilderte G. die Hauptangeklagte als gewaltbereit: Sie habe einer Punkerin im Bus „eine reingehauen“, weil diese „blöd geguckt“ habe.

Die Vernehmung des BKA-Beamten dauerte den gesamten Dienstag und soll am Mittwoch fortgesetzt werden.