Betretenes Schweigen zur Affäre von Boetticher
Weder die Kanzlerin, noch die politische Konkurrenz äußern sich. Die Landespartei hat offenbar einen Nachfolger gefunden.
Berlin. Der Regierungssprecher wollte keine Staatsaffäre aus dem Vorgang machen: Deswegen wich Steffen Seibert am Montag der Frage aus, wie denn Angela Merkel über die Liebschaft Christian von Boettichers zu einer damals 16-Jährigen denken würde.
Die Kanzlerin will sich dazu nicht äußern — ebenso wenig wie auf die Frage, ob die CDU-Vorsitzende „moralische Vorbehalte“ gegenüber dem Verhalten des 40-jährigen Parteifreundes habe, der einmal angetreten war, um als CDU-Spitzenkandidat seine Partei in Kiel bei der Landtagswahl in neun Monaten an der Macht zu halten: „Eine persönliche Einschätzung der Bundeskanzlerin kenne ich nicht“, so Seibert vor der Bundespressekonferenz.
Auch die Parteien tun sich schwer mit der Bewertung der Affäre um den ehemaligen Spitzenkandidaten der schleswig-holsteinischen CDU. Den moderaten Tonfall gab der als polemisch-scharfzüngig bekannte Fraktionsvorsitzender der Kieler SPD, Ralf Stegner, vor.
Dessen bündiges Urteil: „Die Nord-SPD sieht keinerlei Anlass, sich zum Privatleben politischer Konkurrenten zu äußern oder zum Umgangsstil innerhalb der CDU Stellung zu nehmen.“
Im Adenauer-Haus und in der Unionsfraktion zuckte man bedauernd mit den Achseln. Man könne nichts sagen. Einzelne Abgeordnete, denen nicht eben Mikrofon-Scheu nachgesagt wird, bemerkten: „Ich kann zu 100 politischen Themen etwas sagen, aber dazu bitte nicht.“
Natürlich fühlten sich viele im politischen Berlin, das noch in Sommerferien-Endstimmung ist, an andere Beispiele persönlicher Liebschaften erinnert, die glimpflicher für die betroffenen Politiker ausgegangen sind.
Horst Seehofer konnte CSU-Vorsitzender und bayerischer Ministerpräsident bleiben, obwohl er mit einer Geliebten ein außereheliches Kind hatte.
Sein späterer Umwelt- und Gesundheitsminister Markus Söder musste eingestehen, dass er mit einer CSU-Anhängerin ein uneheliches Kind hat. Auch international überstanden die meisten Politiker Sex-Affären meistens unbeschadet.
In Kiel hat Boetticher derweil offenbar alle Brücken zur Rückkehr in den Landespolitik-Betrieb abgebrochen. Die CDU ist bei der Suche nach einem neuen Mann an der Spitze sehr schnell fündig geworden: Richten soll es jetzt Wirtschaftsminister Jost de Jager.