Bildungspaket - Runder Tisch soll Startprobleme lösen
Berlin (dpa) - Seit Anfang des Monats ist das Bildungspaket für bedürftige Kinder in Kraft, doch nur wenige Eltern machen davon Gebrauch. Mit einem Runden Tisch direkt nach Ostern will Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Anlaufschwierigkeiten jetzt in den Griff bekommen.
Sie wolle mit Vertretern der Länder und der kommunalen Spitzenverbände beraten, teilte eine Sprecherin in Berlin mit. Unterdessen werden Rufe nach einer Verlängerung der Antragsfrist für das Bildungspaket laut.
Ein genauer Termin für den Runden Tisch stehe noch nicht fest, sagte eine Ministeriumssprecherin am Samstag. Noch einen Tag zuvor hatte von der Leyen die Anlaufschwierigkeiten bei der Umsetzung des Bildungspakets als normal bezeichnet. „Wir sollten uns unaufgeregt an den Übergang machen“, sagte die Ministerin der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. „Niemand kann von den Kommunen erwarten, dass so etwas innerhalb von 14 Tagen perfekt funktioniert.“
Das Paket sieht Bildungshilfen für rund 2,5 Millionen bedürftige Kinder aus Hartz-IV-Familien, von Geringverdienern und Wohngeld-Empfängern vor. Dabei geht es um warmes Mittagessen in Schule oder Kita, Zuschüsse zu Mitgliedschaften in Sportvereinen, Klassenfahrten oder Wandertage, bei Bedarf auch um Nachhilfe-Unterricht. Am Freitag war eine Umfrage von „Spiegel Online“ in deutschen Großstädten bekanntgeworden, nach der das milliardenschwere Hartz-IV-Bildungspaket noch kaum genutzt wird. Bislang hätten gerade einmal zwei Prozent der 2,5 Millionen Berechtigten einen Antrag gestellt.
Wichtig sei, so von der Leyen, dass die Eltern den Antrag für ihre Kinder für das erste Quartal „bis Ende des Monats stellen“. Sonst verfalle der Anspruch auf die rückwirkende Bewilligung von Leistungen. Neben der Forderung nach einer Fristverlängerung wurde am Sonntag deutliche Kritik an der Ministerin laut.
Die stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Manuela Schwesig sagte: „Es wäre besser gewesen, das Geld direkt in Kitas, Schulen und Vereine zu investieren. Doch diesen Weg hatte Frau von der Leyen versperrt.“ Es sei von Anfang an klar gewesen, dass die Umsetzung des Bildungspakets schwierig werden würde - zumal die Kommunen nicht viel Zeit gehabt hätten. „Ziel muss es weiterhin bleiben, die Leistungen dort anzusiedeln, wo die Kinder sind - und das ist nicht das Jobcenter, sondern das sind Kitas, Schulen und Vereine.“
„Von der Leyen hat ein Tohuwabohu angezettelt“, kritisierte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Brigitte Pothmer. „Wir erwarten, dass sie umgehend dafür sorgt, dass die Fristen verlängert und alle Betroffenen ausreichend über ihre Rechte informiert werden.“ Die Ministerin habe mehr als ein Jahr Zeit gehabt, um die Probleme zu lösen. „Ihre Trödelei wird jetzt für die bedürftigen Kinder zum Verhängnis“, sagte Pothmer. Bis heute sei in vielen Kommunen unklar, wie die Umsetzung des Bildungspaketes erfolgen solle und wer dafür verantwortlich sei.
Schleswig-Holsteins Sozialminister Heiner Garg (FDP) warb für eine Fristverlängerung bis zum 30. Juni. Nachdem sich die Politik so lange Zeit mit der Hartz-Reform gelassen habe, dürfe man jetzt „von den Menschen nicht erwarten, dass innerhalb von vier Wochen alle Rechte in Anspruch genommen werden“, sagte der Minister der Nachrichtenagentur dpa. Die Informationskampagne sei erst vor wenigen Tagen angelaufen. „Ich finde, wir vergeben uns überhaupt nichts, und es verliert auch niemand sein Gesicht, wenn wir die Frist jetzt um acht Wochen verlängern und das kräftig bewerben“, sagte Garg.
Eine Fristverlängerung bis „mindestens Ende Juni“ forderte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider. „Jeder, der sich jetzt über die geringe Nachfrage am Bildungspaket wundert, muss grenzenlos naiv sein“, sagte Schneider der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). Die staatlichen Leistungen seien viel zu wenig bekannt. Außerdem habe das Paket einen entscheidenden Konstruktionsfehler: „Das ministerialbürokratische Denken nach dem Motto 'Antrag stellen, Antrag einlösen' funktioniert nicht so einfach“, sagte Schneider. Für einen Erfolg des Pakets „müssen wir die vorhandenen Strukturen der Jugendhilfe besser nutzen und dahin gehen, wo die Kinder bereits sind“.
An die Adresse ihrer Kritiker sagte Bundesarbeitsministerin von der Leyen: „Jeder, der am Bildungspaket krittelt, sollte sich überlegen, was die Alternative wäre. Bisher hat es keinen Rechtsanspruch der bedürftigen Kinder auf Vereinsmitgliedschaft oder Lernförderung gegeben. Und mehr Bargeld für den Konsum löst die langfristigen Probleme der Kinder nicht.“