„Blue Card“ für mehr ausländische Fachkräfte kommt
Berlin (dpa) - Grünes Licht für blaue Karte: Die neue „Blue Card“ soll Informatikern oder Ärzten aus Drittstaaten das Arbeiten in Deutschland ermöglichen. Offen ist, ob dies den Fachkräftemangel entschärfen kann.
Die Wirtschaft hofft jedenfalls darauf.
Die Weichen dafür stellte das Bundeskabinett. Es billigte am Mittwoch den Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums zur Umsetzung einer EU-Richtlinie von 2009. Dies soll helfen, den Mangel an Fachkräften in speziellen Bereichen abzumildern.
Für rund 60 Mangelberufe in den Sparten Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik soll künftig eine Gehaltsschwelle von 33 000 Euro im Jahr gelten. Ab 44 000 Euro dürfen Akademiker ohne Vorrangprüfung angeworben werden. Sie erhalten dann nach drei Arbeitsjahren eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Bei Jahreseinkommen von 48 000 Euro und darüber ist für die Zuwanderer von Anfang an ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht vorgesehen.
Bundestag und Bundesrat müssen dem Gesetzentwurf noch zustimmen. Erst nach Ende des parlamentarischen Verfahrens kann die Blue Card im kommenden Jahr ausgegeben werden. Sie orientiert sich an der amerikanischen „Green Card“, mit der ausländische Spezialisten ein Aufenthaltsrecht in den USA bekommen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, mit der Blue Card lege Deutschland qualifizierten Zuwanderern „keine Steine mehr in den Weg“.
Vorgesehen ist, dass ausländische Hochschulabsolventen in Deutschland bleiben und arbeiten können und nach zwei Jahren dann ein Daueraufenthaltsrecht erhalten. Dies gilt auch für jene, die in Deutschland eine Berufsausbildung absolvieren. Auch sie können anschließend bleiben und im erlernten Beruf arbeiten.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sprach von einem „Quantensprung“ in der Zuwanderungspolitik, damit Deutschland im Wettbewerb um die klügsten Köpfe mithalten könne. Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) sieht ein „wichtiges Willkommenssignal an ausländische Studierende“. Die Grünen kritisierten das Vorhaben als unzureichend.
Deutschland ist mit der Umsetzung der Brüsseler Vorgaben aus dem Jahr 2009 deutlich in Verzug. Erst Anfang November hatten sich die Spitzen der schwarz-gelben Koalition darauf verständigt, die Gehaltsschwellen für das Mindesteinkommen von Akademikern aus Nicht-EU-Ländern für eine Aufenthaltserlaubnis zu senken. Derzeit liegt sie bei 66 000 Euro.
Das Kabinett beschloss ferner, dass Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien ohne Arbeitserlaubnis nach Deutschland kommen können, wenn sie einen Hochschulabschluss haben. Für Bulgaren und Rumänen öffnet sich der deutsche Arbeitsmarkt damit wieder ein Stück. Dies gilt auch für Erntehelfer, die aber hierzulande ohnehin schon im Einsatz sind. Bauernverband und Baugewerbe begrüßten es, dass Saisonarbeiter aus Rumänien und Bulgarien nun auch offiziell ohne Arbeitserlaubnis nach Deutschland kommen können.
Aus Sicht der Arbeitgebervereinigung BDA sind die Änderungen im Zuwanderungsrecht und die niedrigeren Gehaltsgrenzen wichtig, um Deutschland für Hochqualifizierte aus aller Welt attraktiver zu machen und um die jahrelange „Abschottungskultur“ zu beenden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte die Absenkung der Mindestgehaltsgrenze als „Symbolpolitik“, mit der die Zuwanderung Hochqualifizierter nicht beflügelt werde. Dies habe sich schon bei der Absenkung der Mindestgehaltsgrenze von 86 000 auf 66 000 Euro gezeigt: Nach Angaben von DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach wurden 2007 bei hoher Gehaltsgrenze 115 Aufenthaltserlaubnisse für Hochqualifizierte erteilt, nach der Absenkung im Jahr 2010 seien es lediglich 31 Erlaubnisse mehr gewesen. Buntenbach forderte eine grundlegende Änderung der Erwerbstätigenzuwanderung mit Einführung eines Punktesystems nach kanadischem Vorbild.