NSA-Untersuchungsausschuss BND-Affäre: Opposition wirft Regierung Lüge vor
Berlin (dpa) - Die Opposition hat der Regierung zum Abschluss der jahrelangen Aufklärungsarbeit im NSA-Untersuchungsausschuss Lügen und Rechtsbruch vorgeworfen.
In einem hitzigen Schlagabtausch im Bundestag verdächtigte die Linke den Bundesnachrichtendienst (BND), bis heute unbescholtene Bürger auszuspionieren.
Union und SPD betonten, angesichts von Terrorgefahren seien Geheimdienste weiter nötig - sie müssten sich aber an Recht und Gesetz halten. Der Bundestagsausschuss hatte mehr als dreieinhalb Jahre die Datenspionage des US-Geheimdienstes NSA und des BND untersucht.
Der BND habe der NSA in nichts nachgestanden und Presse, Zivilgesellschaft und Parlamente abgehört - „und vermutlich tut er das noch heute“, sagte die Linken-Politikerin Martina Renner. Ihr Fraktionskollege André Hahn stellte infrage, dass es überhaupt eine europäische Regierung gibt, die der BND nicht ausgespäht hat.
Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele sagte: „Das Kanzleramt hat in der Kette der Aufsicht versagt, das Kanzleramt wusste, was der BND treibt, das Kanzleramt hat das alles gedeckt.“ Dem damaligen Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) warf Ströbele vor, im Wahlkampf 2013 die Öffentlichkeit getäuscht zu haben, als er die Affäre für beendet erklärte. „Er hat erklärt, es sei alles gut, es sei alles vom Tisch. Nichts davon war wahr.“ Damals war der Skandal massiver Datenausspähung der NSA durch Veröffentlichungen des Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden bekannt geworden.
Der Grünen-Parlamentarier Konstantin von Notz attestierte BND und Regierung Verfassungsbruch: „Das sind schwerwiegende Verstöße.“
Auch der SPD-Vertreter Christian Flisek warf dem Kanzleramt, das die Aufsicht über den BND hat, Versagen vor. Er sagte aber auch, der Ausschuss habe nicht den behaupteten millionenfachen Grundrechtsbruch an deutschen Staatsbürgern durch deutsche Dienste feststellen können.
Der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg (CDU) machte deutlich, dass aus seiner Sicht lediglich dem BND Fehler beim Einsatz von Suchbegriffen zur Datenspionage vorzuwerfen sind. „Da ist einiges schief gelaufen“, sagte Sensburg der Deutschen Presse-Agentur. Dass der Ausschuss ertragreich gewesen sei, betonten alle Fraktionen - nach laut Sensburg 153 Sitzungen, 581 Stunden Zeugenvernehmungen und dem Studium von 2401 Akten.
Zuvor hatte Sensburg den 1822-seitigen Abschlussberichts an Bundestagspräsident Norbert Lammert übergeben - überschattet von Streit zwischen Koalition und Opposition. Lammert erhielt überraschend noch ein zweites Dokument. Von Notz übergab ihm ein Sondervotum der Opposition. Dieses ist zwar auch im Abschlussbericht enthalten, aber mit zahlreicheren Schwärzungen als sie die Opposition selbst für nötig gehalten hatte.
Lammert forderte einen neuen Umgang mit geheimen Dokumenten im Bundestag. „Ich glaube, dass wir ein anderes Verfahren zur Einstufung von Dokumenten brauchen“, sagte er. Die Ausschussmitglieder hatten viele tausend Seiten Akten aus dem Bundeskanzleramt und anderen Behörden erhalten. Viele waren großteils geschwärzt oder als geheim eingestuft. Lammert sagte, es reiche nicht aus, dass die Regierung selbst definiere, welche Dokumente sie für einen Ausschuss als geheim einstufe. „Das, finde ich, ist kein angemessener Zustand.“ Lammert schlug die Einrichtung einer von beiden Seiten akzeptierten Schiedsstelle vor, die die Einstufung von Dokumenten klärt - und zwar für beide Seiten verbindlich.