Mehr Geld gegen mehr Rechte Bundesrat billigt Bund-Länder-Finanzpakt und Abschieberegeln

Berlin (dpa) - Es war ein hartes Stück Arbeit mit viel Streit bis zuletzt: Doch dann hat der Bundesrat das historische Reformwerk der neuen Bund-Länder-Finanzbeziehungen am Freitag einstimmig verabschiedet.

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Die Länder bekommen von 2020 an deutlich mehr Geld vom Bund, müssen sich aber dafür mehr Eingriffe in ihre Zuständigkeiten gefallen lassen. Neben diesem Gesetzespaket beschloss die Länderkammer weitere Verschärfungen bei Abschiebungen von Flüchtlingen. Zudem sehen die Länder bei dem umstrittenen Gesetzentwurf der Bundesregierung gegen Hass und Hetze im Internet noch Nachbesserungsbedarf.

Die Beschlüsse im einzelnen:

- Nach der wiederholt als historisch bezeichneten Finanzreform fließen an die Länder künftig jährlich 9,75 Milliarden Euro - mit steigender Tendenz. Der Bund bekommt im Gegenzug mehr Mitsprache etwa bei Fernstraßen, in der Steuerverwaltung und bei Schul-Investitionen. Bereits am Donnerstag hatte der Bundestag das Paket gebilligt. Ein Ausgleich erfolgt im Wesentlichen über die Umsatzsteuer. Der Länderanteil daran soll grundsätzlich nach der Einwohnerzahl verteilt werden, modifiziert durch Zu- und Abschläge je nach Finanzkraft. Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen war das größte Reformvorhaben der schwarz-roten Koalition in der im Herbst endenden Legislaturperiode.

- Personalausweise werden künftig standardmäßig mit einer einsatzbereiten Online-Funktion ausgegeben. Die Möglichkeiten des elektronischen Identitätsnachweises (eID) sollen dadurch gefördert werden. Erweitert werden auch Zugriffsrechte der Sicherheitsbehörden auf Ausweisbilder, was auf Kritik stößt. Der 2010 eingeführte Personalausweis im Scheckkartenformat hat den elektronischen Identitätsnachweis integriert. Für Kritik sorgt, dass die Sicherheitsbehörden in Zukunft das biometrische Lichtbild im Ausweis „zur Erfüllung ihrer Aufgaben im automatisierten Verfahren“ abrufen dürfen. Datenschützer befürchten eine Massenüberwachung - von einem „Big-Brother-Gesetz“ war schon die Rede.

- Abschiebehaft, Fußfessel und Handy-Durchsuchung bei Flüchtlingen: Die Regeln für Abschiebungen und den Umgang mit Asylbewerbern werden erneut strikter. Wer kein Aufenthaltsrecht hat und nicht freiwillig ausreist und falsche Angaben über seine Identität macht, muss künftig mit Einschränkungen seiner Bewegungsfreiheit rechnen. Asylsuchende ohne Bleibeperspektive sollen verpflichtet werden können, bis zum Ende ihres Asylverfahrens in Erstaufnahmeeinrichtungen zu bleiben. Auch die Höchstdauer des Abschiebegewahrsams wird verlängert. Die Abschiebehaft für ausreisepflichtige „Gefährder“ soll ausgeweitet und ihre Überwachung per Fußfessel erleichtert werden.

- Beim Gesetzentwurf der Bundesregierung gegen Hass und Hetze im Internet sehen die Länder noch Nachbesserungsbedarf. Bremens Justizsenator Martin Günthner (SPD) etwa mahnte effektive Sanktionsmechanismen an. Das Gesetz dürfe nicht bei der Löschung von Inhalten stehen bleiben, sondern müsse Betreiber sozialer Netzwerke verpflichten, die Behörden über rechtswidrige Inhalte zu informieren. Mit dem „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ will die Bundesregierung Plattformen wie Facebook und Twitter zwingen, strafbare Hasskommentare konsequenter zu entfernen.

- Als Konsequenz aus den Panama Papers Ende letzten Jahres soll der Steuerbetrug über Briefkastenfirmen gezielter bekämpft werden. Steuerpflichtige müssen danach Beziehungen zu Gesellschaften im Nicht-EU-Ausland künftig anzeigen. Auch Finanzinstitute können verpflichtet werden, den Behörden Geschäftsbeziehungen zu Drittstaat-Gesellschaften mitzuteilen. Bei einem Verstoß können Bußgelder verhängt werden.

- Auch Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung soll erschwert werden. Kern des Vorhabens, das die europäische Geldwäscherichtlinie umsetzt, ist die Einrichtung eines elektronischen Transparenzregisters, welches insbesondere Briefkastenfirmen das Geschäft erschweren soll.

- Illegaler Erwerb und Besitz von Schusswaffen und Munition sollen ein Jahr lang nicht unter Strafe stehen. Waffenbesitzer sollen so die Möglichkeit bekommen, ihre Waffen straffrei bei Behörden oder der Polizei abzugeben. Die Bundesregierung will so die Anzahl illegal zirkulierender Waffen verringern.

- Der Bund gibt weitere 1,1 Milliarden Euro für den Ausbau von Kindertagesstätten. Die Gelder können für Neu-, Aus- und Umbauten sowie für Sanierungen und als Investitionen in die Ausstattung von Kitas eingesetzt werden. Die konkrete Verwendung liegt bei den Länder. Insgesamt sollen 100 000 neue Kita-Plätze geschaffen werden.

- Der Bund kann sich künftig am Bau von Radschnellwegen der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände finanziell beteiligen. Radschnellwege sollen dazu beitragen, dass sich der Pendlerverkehr verstärkt auf das Fahrrad verlagert und sich Staus und Schadstoffbelastung verringern.

- Ohne behördliche Erlaubnis ist die Pelztierhaltung in Deutschland künftig verboten. Eine Erlaubnis erhält nur, wer gesetzlich festgelegte Mindestanforderungen an die artgerechte Haltung von Nerz, Rotfuchs oder Chinchilla einhält. Das Gesetz enthält zudem das Verbot, hochträchtige Säugetiere - vor allem Rinder und Schweine - zu schlachten. Davon ausgenommen sind Schafe und Ziegen.