Bundesrat: Zum Schluss ein bisschen Selbstentmachtung der Länder
Der Bund soll stärkere Kompetenzen in der Bildung bekommen. Bisher darf der Bund nicht mal mit Geldzuwendungen in die Bildungshoheit der Länder hineinfunken. Eingebracht in den Bundesrat haben das die SPD-regierten Länder.
Berlin. Ganz zum Schluss beschäftigt sich der Bundesrat mit seiner Selbstentmachtung: Die SPD-regierten Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz sowie Thüringen mit seinem linken Kabinettschef haben für die letzte Sitzung am Freitag eine Entschließung eingebracht, die dem Bund stärkere Kompetenzen in der Bildung geben soll. Sie verlangen eine Aufhebung des „Kooperationsverbotes“ im Grundgesetz.
Bisher darf der Bund nicht mal mit Geldzuwendungen in die Bildungshoheit der Länder hineinfunken. Zwar wurde das beim Ganztagsschulprogramm oder beim Kita-Ausbau schon durchlöchert, doch ist die rechtssichere Verankerung solcher Programme, so einer der SPD-Regierungschefs, „jedes Mal ein Krampf.“ Über die Entschließung wird heute noch nicht abgestimmt, sie wird in die Ausschüsse verwiesen. Nach der Bundestagswahl wird das Thema ohnehin zurückkommen, denn außer der SPD und den Linken verlangen auch Grüne und FDP in ihren Wahlprogrammen vehement eine solche Neuregelung. Also jeder mögliche Koalitionspartner von Angela Merkel. Selbst in der Union gibt es auf Bundesebene viele Befürworter. Die Ministerpräsidenten von CDU und CSU und der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, sind bisher jedoch dagegen.
Ansonsten bestimmen Routinethemen das letzte Ländertreffen der Saison: Strafen für illegale Autorennen, die Verbesserung der WLAN-Haftung und höhere Bußgelder für Rettungsgassen-Blockierer stehen auf der Tagesordnung. Außerdem wird Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach der feststehenden Reihenfolge für ein Jahr zum neuen Bundesratspräsidenten gewählt. Er ist damit nach dem Bundespräsidenten und dem Bundestagspräsidenten protokollarisch der dritthöchste Staatsrepräsentant und löst Malu Dreyer (SPD, Rheinland-Pfalz) ab.
In den letzten vier Jahren hat der Bundesrat kaum Schlagzeilen gemacht, die Beschlussmaschine lief ziemlich reibungslos. Das hatte mit der großen Koalition zu tun. Außerdem wurden die Grünen, die in vielen Ländern mitregieren, immer frühzeitig eingebunden. Nur bei drei von 520 beratenen Gesetzen aus dem Bundestag musste ein Vermittlungsverfahren eingeleitet werden. Echt gescheitert am Bundesrat ist nur das Asylbewerberleistungsgesetz mit Kürzungen für Flüchtlinge sowie die Idee, die Maghreb-Länder zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Beide Male sorgten die Grünen mit ihrem Veto für eine Blockade.
Dass es weniger Konflikte zwischen Bundes- und Landesebene als früher gab, hat auch mit der großen Föderalismusreform von 2006 zu tun, die die Zuständigkeiten besser abgegrenzt hat. Der Anteil der Bundesgesetze, denen der Bundesrat zustimmen musste, sank seither von rund 60 auf jetzt noch 37 Prozent. 55 Mal wurde der Bundesrat auch selbst mit Gesetzentwürfen gegenüber dem Bundestag initiativ, war dabei aber nur neun Mal erfolgreich.
Das wichtigste Ereignis im Verhältnis zwischen Bund und Ländern war in den zurückliegenden vier Jahren die Neuregelung der Finanzbeziehungen. Sie wurde im Juni nach langem Ringen beschlossen und beendete auch den Streit der Länder untereinander um den Länderfinanzausgleich. Im Ergebnis zahlen die Geberländer weniger, die Nehmerländer haben trotzdem keine Verluste. Das gelang nur, weil der Bund 9,7 Milliarden Euro zusätzlich in den Topf warf — und sich im Gegenzug mehr Kompetenzen sicherte. Unter anderem für die Fernstraßen.