Bundeswehr soll kleiner und schlagkräftiger werden

Berlin (dpa) - Verteidigungsminister Thomas de Maizière will die Bundeswehr deutlich verkleinern und zugleich schlagkräftiger für künftige Auslandseinsätze machen. Statt bisher 7000 sollen künftig 10 000 Soldaten weltweit in Krisenherden eingesetzt werden können.

Insgesamt schrumpft die Bundeswehr aber um ein Fünftel. De Maizière (CDU) stellte das Konzept am Mittwoch in Berlin vor. Er setzt auf einen breiten politischen Konsens. Grünen und Linken gehen die Einsparungen nicht weit genug. Die Bundesländer zittern wegen möglicher Schließungen von Bundeswehr-Standorten.

De Maizière will die Zahl der Soldaten von derzeit 220 000 auf 175 000 bis 185 000 verkleinern. Von den 76 000 zivilen Stellen sollen nur 55 000 bleiben. Der Minister sprach von „gravierenden Mängeln“ in der Bundeswehr und übte Kritik an den Entscheidungsstrukturen und der Aufstellung: „Wir haben für die Zahl unserer Aufgaben zu viele Stäbe“ und zu viele Führungspositionen. Zu oft werde Verantwortung geteilt, zwischen den Hierarchien verschoben oder verweigert.

Der Minister will der Bundeswehr auch neue verteidigungspolitische Richtlinien verordnen. Zu den deutschen Sicherheitsinteressen gehört es demnach auch, einen freien und ungehinderten Welthandel sowie den freien Zugang zu den Weltmeeren und zu natürlichen Ressourcen zu ermöglichen. Genannt werden zudem die Verteidigung der international geltenden Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze, aber auch die Verkleinerung der Kluft zwischen armen und reichen Weltregionen. Hinzu kommen Krisen- und Konfliktverhinderung und die Stärkung der transatlantischen und europäischen Sicherheit.

Wer in der Bundeswehr mitgestalten wolle, werde schnell seine Aufgabe finden, meinte de Maizière. „Wer dies nicht kann, der hat keinen Platz.“

Er nannte einen Zeitraum von sechs bis acht Jahren für die Umsetzung der Reform. Er mahnte zudem, die Soldaten könnten ihre Aufgaben nur dann gut erfüllen, wenn Staatsführung und Gesellschaft ihren Dienst anerkennen: „Zu dieser Anerkennung gehört es zu akzeptieren, dass mit dem Einsatz der Bundeswehr Tod, Verwundung und psychische Verletzung einhergehen könnten.“

Die Reform war 2010 von de Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eingeleitet worden, der dann in einer Affäre um Plagiate in seiner Doktorarbeit zurücktrat. Die Aussetzung der Wehrpflicht und die Einführung eines neuen freiwilligen Wehrdienstes von 12 bis 23 Monaten ab dem 1. Juli ist bereits beschlossen. Über Standortschließungen soll erst im Oktober entschieden

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) mahnte eine Einbindung der Länder an. „Wenn Konzentrationen von Standorten und neue Zuordnungen, dann mit Verstand und mit neuer Prüfung“, sagte er der dpa.

Zur Frage, was aus dem Standort Bonn des Verteidigungsministeriums werde, äußerte sich de Maizière zurückhaltend. Er wolle die Zahl der Mitarbeiter im Ministerium von rund 3500 auf etwa 2000 senken. Wenn es dann Handlungsbedarf gebe - und das sei wahrscheinlich - werde er diesen zunächst in der Regierung und mit Persönlichkeiten der betroffenen Regionen erörtern.

Wie sein Vorgänger zu Guttenberg kalkuliert de Maizière mit 170 000 Berufs- und Zeitsoldaten. Bei der Zielmarke für die freiwillig Wehrdienstleistenden ist er vorsichtiger und will sich schon mit 5000 zufriedengeben. Bei Interesse stehen aber 15 000 Plätze bereit. Guttenberg hatte mit 7500 bis 15 000 Freiwilligen kalkuliert.

Im Ausland soll es der Bundeswehr möglich sein, gleichzeitig an zwei größeren Einsätzen mit insgesamt 30 000 bis 50 000 Soldaten und bis zu sechs kleineren Einsätzen mit bis zu 10 000 Soldaten teilzunehmen.

Die Kosten für den Personalabbau werden aus dem Verteidigungsetat ausgelagert. Wie stark dadurch das Spargebot für die Bundeswehr von bisher 8,3 Milliarden Euro bis 2015 gelockert wird, ist noch unklar. Die Entscheidung soll in den Haushaltsverhandlungen im Juli fallen.

De Maizière will die Reform möglichst im Einvernehmen mit der Opposition durchsetzen. Der SPD-Politiker Rainer Arnold sieht die Chance für einen „Grundkonsens“ zwischen den großen Parteien. „Dort, wo er (de Maizière) richtige Schritte geht, werden wir das nicht im parteipolitischen Kleinklein zerhacken“, sagte er im ZDF. Die Grünen-Politiker Jürgen Trittin und Omid Nouripour kritisierten: „Eine Verringerung der Truppe auf 175 000 plus x ist nicht der große Wurf und angesichts weiterer Reduzierungsmöglichkeiten nicht konsequent genug.“ Linke-Chef Klaus Ernst hält das Konzept für „absolut unzureichend“. Das Einsparpotenzial werde nicht erreicht.