Kraftakt: NRW-Haushalt ist verabschiedet
Düsseldorf (dpa). Es ging turbulent und deftig zu bei der mit Spannung erwarteten Verabschiedung des nordrhein-westfälischen Haushalts. Die Oppositionsfraktionen CDU und FDP nutzten die Debatten am Mittwoch zur Generalabrechnung mit der rot-grünen Minderheitsregierung.
CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann polterte gegen „unfähige“ Minister.
Die FDP sah die Regierung gar in Flammen aufgehen. „In Wahrheit brennt es in Ihrer Regierung. (...) Es brennt lichterloh“, rief Fraktionschef Gerhard Papke. Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD) ließ die Attacken abprallen, sprach lieber von Energie, Bildung und Mindestlohn. Die CDU schoss sich auf SPD-Finanzminister Norbert Walter-Borjans ein. Er habe mit seiner Arbeit am Etatplan das „Renommee des Finanzministeriums in wenigen Monaten in ganz Deutschland ramponiert“, meinte Laumann.
Die CDU werde „null Toleranz“ walten lassen und gegen seinen Haushalt vor dem Landesverfassungsgericht klagen. Die Neuverschuldung falle um 900 Millionen Euro höher aus als die Verfassung es erlaube, betete Laumann erneut vor. „Ihre Glaubwürdigkeit wird dadurch nicht gesteigert“, kommentierte Kraft die Ankündigung der Klage. Die Opposition habe keine tragbare Alternative vorgelegt. „Wir machen Schulden, wenn sie erforderlich sind, nur mit Augenmaß.“
Der Etat spiegele den roten Faden der Regierung - mit Schwerpunkten wie der Förderung von Kindern und Jugendlichen, mit Schulpolitik oder Ausbildung. Keine Gnade kannten CDU und FDP für Wissenschaftsministerin Svenja Schulze und Innenminister Ralf Jäger, beide SPD. In der Atomkugel-Affäre - angeblich verschwanden einige aus dem Forschungszentrum Jülich - habe Schulze die renommierte Einrichtung wider besseres Wissen „an den Pranger gestellt“, meinte Laumann.
„Und die gesamte Regierung hat dabei Schmiere gestanden.“ Schulze habe, entgegen ihrer Aussagen, gewusst, dass die angeblich verschwundenen Atomkugeln sicher in Jülich lagerten. „Ein Skandal erster Klasse“, den ein Untersuchungsausschuss aufklären müsse. Die CDU werde auch Jäger weiter im Visier behalten, hier geht es um angeblich dubiose Spenden. Die SPD drehte den Spieß um. Die CDU habe auf ganzer Linie versagt. „Es ist gut, dass Sie auf der Oppositionsbank sitzen, aber werden Sie endlich mal eine Opposition“, rief Fraktionschef Norbert Römer. Die Christdemokraten seien orientierungs- und kopflos.
Rot-Grün habe 308 Tage solide Politik gemacht und setze das mit dem Markenkern „Aufstieg durch Bildung“ fort. Einem „rot-rot-grünen Feldversuch“ in NRW stellte die FDP ein mieses Zeugnis aus. Kraft sei im Kabinett von „Fehlbesetzungen“ umgeben, die mit „einer Kette von Skandalen“ zu kämpfen hätten. Es sei zudem verlogen, sich von der Linken als „heimlichem Koalitionspartner“ unterstützen zu lassen, meinte Papke. Tatsächlich wäre auch der Etat ohne die Enthaltung der Linken gescheitert - und damit auch die einzige Minderheitsregierung in Deutschland nach nur zehn Monaten.
„Wir sind kein Teil der Regierung, wir machen unsere eigene Politik“, entgegnete Linken-Fraktionschef Wolfgang Zimmermann. Eine Retourkutsche an die Opposition kam auch von den Grünen: „Von der FDP ist ein Jahr lang kein substanzieller Beitrag gekommen“, bilanzierte der Fraktionsvorsitzende Reiner Priggen. Aber: „Unsere Arbeit ist nicht nur für uns anstrengend, sie ist auch anstrengend für die Opposition.“ Am Nachmittag war die Schlacht geschlagen, das zentrale Projekt von Rot-Grün beschlossen.
Erleichterung auch auf den Zuschauerrängen. Schülerin Johanna: „War schon interessant, aber auch ewig lang.“