Cannabis-Freigabe zu therapeutischen Zwecken Cannabis auf Rezept ist bald öfter möglich
Eine neue Bundesagentur soll den Erwerb von Medizin-Hanf regeln. Der Zugang für Kranke wird erleichtert, Eigenanbau bleibt verboten.
Düsseldorf/Berlin. Kiffen auf Rezept soll für schwerkranke Menschen in Deutschland bald deutlich einfacher möglich sein als bisher. Das geht aus einem sogenannten Referentenentwurf hervor, der Bundesländern und Verbänden zur Ansicht vorgelegt worden ist und schon im Sommer dem Bundeskabinett zur Entscheidung zugeleitet werden könnte. Bereits im Januar wurde ein „EU-Notifizierungsverfahren“ eingeleitet. Die Bundesregierung hat der Europäischen Kommission den Entwurf der neuen Vorschrift übermittelt. Die anderen EU-Mitgliedstaaten haben nun drei Monate Zeit, um etwaige Änderungswünsche in Berlin an den Mann zu bringen. In dieser Stillhaltefrist darf der Entwurf nicht vom Bundestag verabschiedet werden.
Konkret sieht die neue Regelung vor, dass Menschen bei bestimmten Krankheiten Cannabis zu Therapiezwecken kaufen und verwenden dürfen. Das gilt nicht nur für Medikamente, in denen der Wirkstoff THC verarbeitet ist, sondern auch für Cannabisblüten, die inhaliert oder als Aufguss konsumiert werden können. Dies ist bisher nur in Ausnahmefällen möglich. Knapp 600 Patienten in Deutschland haben eine solche beim beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beantragt.
Dazu ist ein entsprechender Nachweis des behandelnden Arztes und ziemlich viel Geduld notwendig. Wer heute Gras auf Rezept haben will, muss nachweisen, dass herkömmliche Medikamente nichts mehr bringen. Cannabis aus der Apotheke gibt es nur für austherapierte Patienten. Krankenkassen zahlen zwar in der Regel für fertige THC-Produkte, wer Blüten und Hanfextrakt in der Apotheke kauft, muss aber selbst zahlen. Häufig ist das Gras aus der Apotheke aber erheblich teurer als beim Straßenverkäufer ums Eck.
Dass Cannabis bei bestimmten, meist chronischen Krankheiten helfen kann, ist lange bekannt und unstrittig. Das im Betäubungsmittelgesetz verankerte Verbot von Cannabis hat bisher aber verhindert, dass mehr Patienten Zugang dazu bekommen. „Wir wollen, dass schwer kranke Menschen, denen nur durch Medizinalhanf geholfen werden kann, gut versorgt werden“, erklärt nun Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Die Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) hat keine Einwände.
Die Cannabisagentur — angesiedelt beim BfArM und laut Medienberichten zunächst mit fünf Mitarbeitern ausgestattet — soll das in Deutschland legal angebaute Cannabis aufkaufen und bewerten. Sie wäre laut Entwurf auch für die Verteilung an Groß- und Einzelhändler, sprich Apotheken, zuständig. Bisher stammt das Medizinalgras vor allem aus den Niederlanden. Die neue Agentur soll auch die Abgabepreise für Patienten verbindlich regeln.
Der Eigenanbau — also die private Marihuana-Zucht — soll aber auch weiterhin verboten bleiben. Die geplante Freigabe zu medizinischen Zwecken bedeutet, darauf legen Gröhe und Mortler großen Wert, nämlich keinesfalls eine Legalisierung durch die Hintertür. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, sagt Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband, der die Freigabe von Medizinalhanf ausdrücklich begrüßt. Für eine generelle Freigabe fehle derzeit die gesellschaftliche und politische Mehrheit.