Corona-Krise Häuslicher Pflege droht Engpass

Düsseldorf · Durch die Grenzabschottung droht der Branche ein Mangel an Arbeitskräften aus Osteuropa. Der Verband für häusliche Pflege und Betreuung warnt davor, dass nach Ostern bis zu 200.000 Betreuungskräfte fehlen könnten.

Viele alte Menschen werden rund um die Uhr zu Hause betreut, oft durch Kräfte aus Osteuropa.

Foto: dpa/Jana Bauch

Irmgard Fähnrich (Name geändert) ist 83 Jahre alt - wie ihr Mann. Der Mediziner ist dement und bringt seine Frau damit in der Corona-Krise an den Rand ihrer Kräfte: Vorsichtsmaßnahmen, die er gerade noch begriffen hat, sind ihm wenige Augenblicke später wieder entschwunden. Endlich hatte seine Frau sich durchgerungen, zur Entlastung eine Betreuungskraft ins Haus zu holen, und dafür bereits ein Zimmer freigeräumt. Aber mehrere Organisationen winkten ab: Durch die Grenzabschottung droht der Branche ein Mangel an Arbeitskräften aus Osteuropa.

Der Verband für häusliche Pflege und Betreuung (VHBP) warnte am Dienstag, dass nach Ostern bis zu 200.000 Betreuungskräfte fehlen könnten. Geschäftsführer Frederic Seebohm fürchtet, dass Pflegekräfte früher als geplant in ihre Heimat zurückreisen und für sie kein Ersatz kommt: „Das hängt mit der Angst vor dem Virus, Angst um die eigenen Familien und auch der Situation an den Grenzen zusammen.“

Der Verband geht zudem davon aus, dann von etwa 300.000 täglich in Deutschland arbeitenden Betreuern nur etwa zehn Prozent auch die nötigen Papiere aufweisen könnten. Der Rest arbeite illegal hier. „Die Betreuungskräfte sind und waren immer schon systemrelevant, und dabei spielt es keine Rolle, ob sie legal oder illegal beschäftigt sind“, sagte Pflegeforscher Michael Isfort im Interview mit „Report Mainz“. Diese Kräfte stabilisierten das Versorgungssystem. Krankenhäuser und Pflegeheime seien nicht in der Lage, die Menschen aufzunehmen, die bisher zu Hause gepflegt würden. Der VHBP fordert Passiermöglichkeiten für die Betreuungskräfte an den Grenzen.

Auch die Hausengel Holding, bundesweiter Anbieter für häusliche Betreuung, drängt auf Unterstützung durch die Politik. Vorstandsmitglied Juliane Bohl: „Ist es nicht beschämend, dass in der öffentlichen Darstellung primär darüber diskutiert wird, wer denn nun den Spargel ernten soll?“