CSU und CDU vermeiden offene Konfrontation
Nürnberg (dpa) - Die CSU grenzt sich in der Euro-Krise klar von der CDU ab - doch Kanzlerin Angela Merkel vermeidet auf dem Nürnberger CSU-Parteitag die offene Konfrontation.
Merkel gratulierte den rund 1000 Delegierten stattdessen mit einem „herzlichen Glückwunsch“ zur einstimmigen Verabschiedung eines Leitantrags, der sich deutlich von Merkels Position unterscheidet. Denn im Gegensatz zu Merkel droht die CSU Schuldenstaaten ausdrücklich mit der Möglichkeit eines Ausschlusses aus der Eurozone - wenn sie „sich nicht an die gemeinsamen Regeln der Haushaltsdisziplin halten und dadurch sich und die Währungsunion in Schwierigkeiten bringen“.
Die CDU-Chefin hat sich mehrfach dagegen ausgesprochen, Griechenland aus der Eurozone auszuschließen. Doch sowohl Merkel als auch CSU-Chef Horst Seehofer gingen auf die Details nicht ein und stellten stattdessen die Gemeinsamkeiten heraus. Merkel warnte aber eindringlich: „Es wäre fatal, wenn wir in der größten historischen Krise Europas versagen.“ Zur CSU-Forderung, Schuldenstaaten auch ausschließen zu können, äußerte sie sich nicht. Stattdessen plädierte Merkel für Eingriffsrechte in die Haushalte von Schuldenstaaten und Klagemöglichkeiten vor dem Europäischen Gerichtshof. Europa stehe am Scheideweg.
Merkel forderte eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte: „Den Märkten Leitplanken entgegensetzen, damit nicht die Märkte Menschen ruinieren.“ Merkel betonte die Gemeinsamkeit mit der Schwesterpartei: „Ich bin überzeugt, dass wir vor einer Herausforderung stehen, die niemand besser meistern kann als CDU und CSU.“ Seehofer scherzte anschließend: „Ich wüsste überhaupt nicht, was unterschiedlich ist.“
Einen generellen europaskeptischen Kurs will die CSU nicht einschlagen. „Die CSU ist und bleibt eine Partei Europas“, sagte Seehofer. Andererseits will die CSU aber eine sogenannte rote Linie gegen künftige weitere Vergrößerungen der Euro-Rettungsschirme ziehen. „Ich empfehle, dass wir uns nicht in die Falle locken lassen, nach dem Motto: Wer für Geldwertstabilität ist, ist gegen Europa, und wer für Europa ist, ist gegen Geldwertstabilität“, sagte Seehofer dazu. Die CSU sei immer für beides gewesen - Europa und Geldwertstabilität. „Wir ertragen nicht Europa, wir wollen Europa.“
Gleichzeitig betonte Seehofer, dass er auch in Zukunft kein Blatt vor den Mund nehmen will: „Es wäre grundverkehrt, den Mantel des Schweigens über diese Ängste und Sorgen (der Bevölkerung) zu legen und keine Diskussion zuzulassen.“ Hintergrund sind die Warnungen aus der CDU-Spitze, eine euroskeptische Debatte schade der Währung.
Ungeachtet der Bekenntnisse zur Einigkeit und zu Europa traten die unionsinternen Differenzen offen zutage: Generalsekretär Alexander Dobrindt verteidigte das kategorische Nein der CSU zu weiteren Euro-Rettungsmilliarden: Ohne Stabilität in Europa könne es auch keine Solidarität geben, sagte Dobrindt. Landtags-Vizepräsident Reinhold Bocklet kritisierte Merkel vor ihrem Eintreffen direkt: „Die Aussage "Wenn der Euro scheitert, scheitert auch Europa" ist nicht hilfreich, weil sie den Blick auf die Fakten verstellt und die Lösung erschwert“, sagte Bocklet bei der Vorstellung des Leitantrags.
Die CSU-Spitze will aber keinesfalls in den Ruch der Europaskepsis geraten. Ein Hauptgesprächsthema auf dem Parteitag war die Kandidatur von Euro-Rebell Peter Gauweiler, der bei den Vorstandswahlen an diesem Samstag einer der vier stellvertretenden CSU-Chefs werden will. Der Münchner Bundestagsabgeordnete warnte vor eine globalen Wirtschaftskatastrophe, verursacht von der Finanzbranche: „Wenn 960 Billionen in einem einzigen Monat um den Globus gejagt werden, führt das ins Unglück, nicht nur uns, sondern Europa und die ganze Welt.“ Gauweiler hat nach Einschätzung vieler Delegierter gute Chancen, sich durchzusetzen - voraussichtlich in einer Kampfkandidatur gegen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer.
Trotz Ablehnung von Merkel und der FDP fordert die CSU auch weiter die Einführung einer Pkw-Maut. Ein entsprechender Leitantrag der Parteispitze wurde auf dem Parteitag am Freitagabend mit großer Mehrheit verabschiedet. Darin heißt es: „Die CSU fordert die Einführung einer Pkw-Vignette auf den Bundesautobahnen.“ Eine solche Gebühr diene „auch der Heranziehung ausländischer Verkehrsteilnehmer zur Finanzierung deutscher Verkehrswege“.
Die Mehreinnahmen sollen zweckgebunden ausschließlich für Straßenbauprojekte verwendet werden dürfen. Deutsche Autofahrer sollen bei Einführung einer Maut an anderer Stelle entlastet werden. „Wir sagen klipp und klar: Für deutsche Autofahrer ist eine Kompensation vorzusehen“, sagte Ramsauer. Europarechtliche Bedenken wegen des angestrebten Ausgleichs wies er zurück. „Es mag zwar solche Argumente geben - wir können sie aufarbeiten.“