Den Ruhestand selbst wählen

Die Flexi-Rente kommt. Von ihr könnten bis zu 400 000 Arbeitnehmer profitieren.

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Berlin. Mit der bangen Frage, wie viele Abweichler in den eigenen Reihen es am Freitag bei der Abstimmung über das Rentenpaket wohl geben werde, ging die große Koalition in die neue Woche. Montagmittag war diese beantwortet. Wenn überhaupt werden es nur sehr wenige sein. Denn die Fraktionsspitzen fanden nicht nur einen Kompromiss bei der Rente mit 63. Sie nahmen mit dem Einstieg in die Flexi-Rente sogar ein neues Thema in das Gesetzespaket auf — sehr zur Zufriedenheit des Wirtschaftsflügels der CDU.

Deren Vorsitzender Carsten Linnemann hatte vor der Gefahr von Frühverrentungen gewarnt und verlangt, dass angesichts des Fachkräftemangels im Gegenzug etwas dafür getan werde, Menschen auch über die Regelaltersgrenze von künftig 67 Jahren hinaus in Beschäftigung zu halten.

Im Prinzip kann zwar schon heute jeder bei vollem Rentenbezug weiterarbeiten, so lange er will. Doch wird das kaum praktiziert, weil unbefristete Arbeitsverhältnisse nicht in befristete umgewandelt werden dürfen. Diese Rechtssicherheit aber verlangen die Arbeitgeber, denn irgendwann wollen sie den immer älter werdenden Beschäftigten doch loswerden.

Jetzt lautet die Einigung, dass eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vorher vereinbart werden kann — der Zeitpunkt des endgültigen Ausstiegs darf sogar mehrfach hinausgeschoben werden. Nach verschiedenen Umfragen und Studien rechnet man mit 100 000 bis 400 000 Arbeitnehmern, die ein Interesse haben könnten, neben dem Rentenbezug noch weiterzuarbeiten oder sich höhere Rentenpunkte zu erwerben.

Eine Arbeitsgruppe soll sich im Herbst auch mit den Zuverdienstgrenzen vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze (bisher 450 Euro) und der Zwangsverrentung von Hartz-IV-Empfängern ab 63 befassen.

Während sich Koalitionspolitiker Montag dafür lobten, dass sie sich als einigungsfähig erwiesen hätten, kritisierten die Grünen das Rentenpaket als unseriös finanziert. Offen ist noch, ob am Freitag über das Gesamtpaket abgestimmt wird oder die Opposition eine Einzelabstimmung über jedes Teilgesetz verlangt. Das würde womöglich deutlich machen, dass vor allem in der Union die SPD-Idee der Rente mit 63 noch immer sehr skeptisch gesehen wird.