Der Gute-Laune-Bundestag lacht

Am ersten Arbeitstag herrschte beste Stimmung unter den Abgeordneten. Es wurde gescherzt — parteiübergreifend.

Berlin. Wenn ein neuer Bundestag zusammenkommt, kann man schon mal nach Gefühlen fragen. Norbert Lammert zum Beispiel, wahrlich altgedient, antwortet, er empfinde „ein leichtes Kribbeln. Das ist ja kein Tag wie jeder andere“. Später wird er als Bundestagspräsident mit einem Rekordergebnis von 94,6 Prozent zum dritten Mal wiedergewählt. Michelle Müntefering ist hingegen noch richtig aufgeregt: „Endlich darf ich in den Plenarsaal“, freut sich die frisch gewählte SPD-Abgeordnete.

Der Tag, an dem sich der 18. Deutsche Bundestag konstituiert, ist halt ein besonderer. Endlich geht es nach den harten Wochen des Wahlkampfes unter der Reichstagskuppel wieder los. Die Freude ist vielen der 631 Abgeordneten anzusehen. Vor Beginn der Sitzung fotografieren sich einige im Plenarsaal gegenseitig; man begrüßt und umarmt sich, die Fraktionsgrenzen zerfließen. Jeder plaudert irgendwie mit jedem. Es ist das Gute-Laune-Parlament, das sich neu auf den blauen Polsterstühlen unter dem Bundesadler niederlässt. Nur oben auf der Tribüne ist Zähneknirschen angesagt, denn einigen Zaungästen ist nicht gerade nach Heiterkeit zumute.

Unter den Zuschauern sind nämlich auch abgewählte FDP-Politiker, darunter aber keine Minister. Obwohl sie noch geschäftsführend im Amt sind. Während die Ressortchefs von CDU und CSU in der zweiten und dritten Abgeordnetenreihe und die Kanzlerin in der ersten Platz nehmen, weil die Regierungsbank bei der Auftaktsitzung traditionell unbesetzt bleibt, wollen sich Rösler & Co. die Gästetribüne nicht antun.

Heinz Riesenhuber (77) eröffnet als Alterspräsident den Bundestag. Riesenhuber ist ein Phänomen, oder wie Umweltminister Peter Altmaier sagt: „Ein von allen geschätztes Original.“

Riesenhuber knöpft sich in seiner Rede auch die Abgeordneten vor: „Unser Ansehen in der Bevölkerung ist noch nicht oberhalb dem von Bischöfen“, ruft er in Anspielung auf die Ereignisse in Limburg. Bundespräsident Joachim Gauck auf der Zuschauertribüne muss herzhaft lachen. Und: „Es ist gut für Deutschland, wenn die Abgeordneten fraktionsübergreifend mal ein Bier miteinander trinken.“ Wieder großes Gelächter im Saal. Norbert Lammert mahnt die Parlamentarier nach seiner Wahl ähnlich launig: „Wir sind alle gewählt, nicht gesalbt.“