DGB beklagt mehr Psycho-Stress für Beschäftigte
Berlin (dpa) - Der Stress im Job nimmt zu: Rund 56 Prozent von knapp 5000 Beschäftigten sahen sich nach einer DGB-Umfrage 2012 starker bis sehr starker Arbeitshetze ausgesetzt. Das waren im Vergleich zum Vorjahr vier Prozentpunkte mehr, sagte DGB-Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Freitag in Berlin.
Nach der Umfrage zu Psychostress und Prävention am Arbeitsplatz klagten 80 Prozent über seit Jahren ständig steigende Leistungsanforderungen. Gehetzt fühlen sich Beschäftigte quer durch alle Bereiche der Arbeitswelt: In keiner Branche waren es weniger als 46 Prozent, bei den Vorgesetzten 64 Prozent. Generell gilt, dass die Arbeitsbelastung mit zunehmendem Einkommen wächst.
Buntenbach hielt den Arbeitgebern vor, sie kämen ihrer gesetzlichen Pflicht nur unzureichend nach, für besseren Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu sorgen. Laut Umfrage wurden lediglich neun Prozent der Beschäftigten im Rahmen einer sogenannten Gefährdungsbeurteilung gefragt, welchen psychischen Stressfaktoren sie sich am Arbeitsplatz ausgesetzt sehen. Dies sei ein „skandalöser Befund“.
IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban sprach von einer brisanten Entwicklung. „Überbordender Stress bei der Arbeit, also Burn-out und andere Äußerungsformen psychischer Belastungen, drohen zur Pandemie, zu einer echten Volkskrankheit des 21. Jahrhunderts zu werden. Hier ist aktives und vor allem präventives Handeln gefragt.“
Urban räumte ein, dass das Phänomen Stress „schwerer zu erfassen ist als das Problem vom schweren Heben und Tragen“. Die Faktoren für psychische Belastungen seien aber bekannt. Er nannte unzureichende Arbeitszeitreglungen, inkompetentes Vorgesetztenverhalten und ständig steigendes Arbeitsvolumen. Deshalb gelte: Je konkreter die Vorgaben in einer Anti-Stress-Verordnung geregelt seien, desto höher sei auch die Chance, Fehlverhalten der Arbeitgeber zu sanktionieren.
Die Arbeitgebervereinigung BDA widersprach der Darstellung, dass Arbeit psychisch krank mache. Die aktuelle Erwerbstätigenbefragung des Bundesinstituts für Berufsbildung und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zeige, „dass die Verbreitung psychisch belastender Arbeitsbedingungen im Vergleich zu den Jahren 2005/2006 nicht zugenommen hat“. Es sei „im ureigensten Interesse der Unternehmen, psychische Fehlbelastungen durch Arbeit so gering wie möglich zu halten“.
Für den 29. Januar ist eine gemeinsame Erklärung des Bundesarbeitsministeriums, des DGB und der BDA für eine Strategie zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz geplant. Details dazu wollte Buntenbach nicht nennen. Sie hoffe aber, dass aus der Erklärung dann konkrete Verbesserungen für Arbeitnehmer folgten.