Flüchtlinge „Die Stimmung könnte kippen“

Die CDU in Nordrhein-Westfalen fürchtet um die Willkommenskultur im Land und verlangt ein Umsteuern in der Flüchtlingspolitik.

Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Armin Laschet.

Foto: Henning Kaiser

Düsseldorf. Wenn am Donnerstag im nordrhein-westfälischen Landtag der Innenausschuss tagt, wird Innenminister Ralf Jäger (SPD) dabei die neuesten Flüchtlingszahlen im Land präsentieren.

Wie belastbar sie tatsächlich sind, ist schwer zu sagen. Täglich kommen neue Menschen, die Schutz vor Krieg und Vertreibung oder eine wirtschaftliche Perspektive suchen. 59 210 Asylsuchende haben bis Ende Juli einen entsprechenden Antrag in NRW gestellt; zum Vergleich: Im gleichen Vorjahreszeitraum waren es nur 20 119 Menschen — eine Steigerung um 194 Prozent.

Allein in der Zeit vom 10. bis 16. August kamen 6632 Flüchtlinge an, so viele wie noch nie in einer Woche. Dass sich die Situation schnell ändert, ist nicht zu erwarten; im Gegenteil, die Prognose des Bamf (Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge) geht in diesem Jahr von rund 150 000 Erst- und 20 000 Folgeantragstellern aus. Zudem müssten 50 000 „Ex-NRW-Fälle“ versorgt werden — Asylsuchende, die zuerst nach NRW kommen, dann aber in andere Bundesländer weitergeleitet werden.

Man darf nicht davon ausgehen, dass der Innenminister für seine Präsentation viel Applaus von der Opposition bekommen wird. Der Landes- und Fraktionsvorsitzende der NRW-CDU, Armin Laschet, attestiert der Landesregierung in Sachen Flüchtlingen „Organisationsversagen“. „Man verwaltet nur das Chaos“, findet Laschet. „Hier geht es drunter und drüber.“

Laschet fordert mit Blick auf die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) mehr „Chefverantwortung“ und bringt erneut einen Krisenstab ins Gespräch, der mit sämtlichen Ressortchefs im Wochenturnus zu tagen habe. Zudem will Laschet eine grundsätzliche Reorganisation der Erstaufnahme hinbekommen.

Menschen ohne Aussicht auf einen positiven Asylbescheid sollten in „zentralen Stellen“ aufgenommen werden und möglichst schnell „zurückgeführt“ werden — wie dies im Juni beim Bund-Länder-Flüchtlingsgipfel vereinbart worden sei. Im Blick hat der Oppositionsführer die Länder des Westbalkans, Albanien, Kosovo, Montenegro, die er für sichere Herkunftsländer hält.

Zudem soll NRW die derzeitigen Unterbringungskapazitäten um 30 000 auf dann 40 000 Plätze erhöhen und die Kommunen durch eine schnellere und vor allem volle Kostenerstattung entlasten. „Obwohl die Kommunen seit Monaten an der Grenze ihrer Belastbarkeit arbeiten, wälzt Rot-Grün weitere Aufgaben auf sie ab“, sagt Laschet.

Der CDU-Mann sieht nicht nur die Kommunen in Gefahr, sondern auch die noch vorherrschende „Willkommenskultur“ im Land. „Ich fürchte, dass die Stimmung kippt, wenn wir die Probleme nicht in den Griff bekommen“. In Gewalt gegen Flüchtlinge müsse das zwar nicht enden, im günstigsten Fall sei aber Passivität der vielen ehrenamtlichen Helfer die Folge. In der kommenden Woche will die CDU im Landtag ihre eigenen Vorschläge präsentieren. Dazu gehören auch die beiden Sonderprogramme „Schule für Flüchtlingskinder“ und „Kita-Betreuung der Flüchtlingskinder“.