Doha-Klimakonferenz muss in die Verlängerung

Doha (dpa) - Die Klimakonferenz von Doha macht Überstunden. Auf der Zielgeraden ist das meiste noch offen. Klar scheint nur, entscheidende Fortschritte wird es bei der Reduzierung der CO2-Emissionen nicht geben.

Die Verhandlungen bei der UN-Klimakonferenz lieferten bis Freitagabend nur magere Ergebnisse. „Ich bedauere, dass es wahrscheinlich in zwei Bereichen, nämlich bei Finanzen und Reduzierung der Treibhausgase, nicht schon jetzt zu verbindlichen Zahlen kommen wird“, sagte Bundesumweltminister Peter Altmaier in Katars Hauptstadt. Wegen der dürftigen Ergebnisse nach zwei Wochen Verhandlungen zweifelte der CDU-Politiker offen die Effizienz solcher Mammutkonferenzen mit Tausenden Teilnehmern an. Von Umweltschützern und Opposition gab es Kritik an Altmaiers Auftreten in Doha.

Die Konferenz sollte ursprünglich am Freitagabend abgeschlossen sein. Die Teilnehmer richteten sich aber auf eine Verlängerung ein. Als Ergebnisse zeichneten sich unter anderem Details für die Verlängerung des Ende Dezember auslaufenden Kyoto-Protokolls ab. Allerdings will die EU ihre bisherigen hier verankerten Ziele zur Minderung der Ausstöße nicht verschärfen. Bei Kyoto II wollen aber nur noch Staaten mitmachen, die zusammen 15 Prozent der globalen Emissionen verursachen. Umstritten ist, was die anderen Staaten in der Zeit bis 2020 beisteuern - erst dann soll es einen Weltklimavertrag mit festen Minderungsvorgaben für alle geben.

Ein von Umweltschützern und Entwicklungsländern scharf kritisierter Kompromiss rückte bei der Frage näher, was mit überschüssigen Verschmutzungsrechten aus der ersten Phase des Kyoto-Protokolls geschehen soll. Länder wie Polen, die in den vergangenen Jahren weniger CO2 in die Luft gepustet haben, als sie nach dem Kyoto-Protokoll gedurft hätten, wollen ihre überschüssige „heiße Luft“ als CO2-Gutschriften für die Zeit nach 2013 behalten. Die größte Menge hält Russland. Greenpeace befürchtet, dass gerade nach 2020, wenn es einen neuen Klimavertrag geben soll, diese Gutschriften an Länder wie die USA und China verkauft werden könnten und diese dann Zuhause weniger Klimaschutz leisten müssen.

Trotz der mageren Fortschritte wollte Altmaier nicht von einem Scheitern sprechen: „Das ist ein Wert an sich, dass Europa nicht auseinanderfällt“, sagte er mit Blick darauf, dass die EU sich zumindest zu einem Minimalkonsens durchringen konnte. Der Minister sprach von einem Zwischenerfolg. „Ich hoffe sehr, dass es uns gelingt, auch innerhalb der EU in den nächsten Monaten unser Klimaziel so anzupassen, dass daraus eine ehrgeizige Politik erkennbar wird“, sagte der Minister. Aus seiner Sicht sei das eine Minderung klimaschädlicher CO2-Emissionen um 30 Prozent bis 2020, anstelle des von der EU eingebrachten Minus von 20 Prozent gegenüber 1990. „Dafür werde ich mich weiterhin einsetzen, nicht nur in Doha, sondern auch über Doha hinaus.“ In Deutschland sperrt sich allerdings der Koalitionspartner FDP, auf EU-Ebene besonders Polen.

Die rheinland-pfälzische Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Eveline Lemke (Grüne) sagte in Doha, der Bundesumweltminister lasse Ankündigungen keine Taten folgen. „Altmaier kämpft nicht für 30 Prozent weniger CO2-Ausstoß in der EU bis 2020. Wir sehen, dass Deutschland nicht mehr Vorreiter ist“, betonte Lemke. Zudem hänge die Eurokrise wie ein Schatten über der Konferenz. „Diese Krisen lassen sich nur gemeinsam lösen, sonst verstärken sie sich gegenseitig.“ SPD und Linke verlangten eine Erklärung des Ministers im Deutschen Bundestag zu seinen Ankündigungen im Vorfeld und seinem Auftreten in Doha.

Angesichts der zähen, zweiwöchigen Verhandlungen von 194 Staaten forderte Altmaier eine Reform. „Ich halte solche Megakonferenzen nicht für überflüssig, aber ich halte sie für dringend erneuerungs- und ergänzungsbedürftig“, betonte er. Der Minister will Anfang 2013 einen Club der Energiewendestaaten gründen. Derzeit hätten bereits 118 Länder eigene nationale Ziele zum Einsatz erneuerbarer Energien. So eine Allianz könnte ein reizvolles Modell sein, sagte Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Organisation Germanwatch. „Bisher habe ich aber das Gefühl, dass es wieder nur ein Talkclub wird und nicht ein Club, der wirklich weltweit Akzente setzen kann.“

Die großen deutschen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen forderten einmütig ein Einschreiten von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Von einem „Tiefpunkt“ in der europäischen Klimapolitik, sprach der Politische Leiter von Greenpeace, Martin Kaiser.

Erwartet wurde, dass die Konferenz bis Samstag dauern könnte, um viele offene Details zu klären. Altmaier stellte sich auf eine lange Nacht ein: „Deshalb habe ich mir schon ein kleines Kissen mitgebracht. Ich glaube aber nicht, dass ich Zeit haben werde, es zu benutzen.“