Dresdner verhindern Neonazi-Aufmarsch
Dresden (dpa) - Mit stundenlangen Protesten und teilweise gewaltsamen Blockaden haben tausende Menschen am Samstag in Dresden erneut einen genehmigten Aufmarsch von Rechtsextremen verhindert.
Dabei war nur ein Bruchteil der erwarteten 4000 Neonazis in die Elbestadt gekommen. Etwa 500 wollten ihren Aufzug nach Rücksprache mit der Einsatzleitung der Polizei per Zug nach Leipzig verlegen. Sie durften jedoch die Stadt nicht betreten und mussten von dort die Heimreise antreten. Weitere rund 400 Rechte reisten direkt aus Dresden ab.
In Dresden hatten Gegendemonstranten zuvor über Stunden hinweg die Gegend rund um den Hauptbahnhof blockiert und damit verhindert, dass zahlreiche Rechtsextreme überhaupt zu ihren Treffpunkten gelangten. Es kamen immer mehr Menschen auf das abgeriegelte Areal. Die Polizei versuchte, das mit Schlagstöcken, Reizgas und Wasserwerfern zu verhindern. Die Beamten beendeten Ausschreitungen zwischen Anhängern des linken und rechten Lagers.
Zeitweise eskalierte die Lage. Es flogen Pflastersteine, Feuerwerkskörper und Flaschen. Mindestens ein Dutzend Autos wurde beschädigt, in einem Bürogebäude gingen Scheiben zu Bruch. Autonome stapelten Sperrmüll auf Fahrbahnen und zündeten ihn an. Mehr als 30 Beamte wurden verletzt, bilanzierte ein Polizeisprecher am Abend. Zu Verletzten unter den Demonstranten konnte er nichts sagen. Etwa 50 Demonstranten vorwiegend aus dem linken Spektrum seien wegen Körperverletzung, Widerstandes gegen Polizeibeamte oder Vermummung vorübergehend in Gewahrsam genommen worden.
Nach übereinstimmenden Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes und des Bündnisses „Dresden - Nazifrei“ beteiligten sich mehr als 21 000 Menschen an Mahnwachen und Protesten. Unter anderen saßen Politiker wie die Bundesgeschäftsführerin der Linken, Caren Lay, Sachsens Linke-Chef Rico Gebhardt, SPD-Landeschef Martin Dulig und der Grünen-Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi bei einer Sitzblockade nahe des Hauptbahnhofs in der ersten Reihe. Die Kirchen richteten Mahnwachen ein und plädierten gegen Fremdenhass, Krieg, Gewalt und Rassismus. Auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) reihten sich ein.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte die Gewalt gegen die Beamten. „Der Aufruf zu friedlichen Blockaden und zivilem Ungehorsam war ein Spiel mit dem Feuer“, sagte der Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut. Auch Sachsens Polizeipräsident Bernd Merbitz verurteilte die „pure Gewalt“ gegen Beamte. „Dafür habe ich kein Verständnis“, sagte er der dpa.
Das juristische Tauziehen um die Aufmärsche der Rechtsextremen hatte bis zuletzt angehalten. Nach Beschwerden und neuen Auflagen der Stadt Dresden hatte das Verwaltungsgericht am späten Freitagabend die Versammlungen der Rechtsextremen genehmigt. In Regie der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland waren bereits am vergangenen Sonntag - dem 65. Jahrestag der Zerstörung Dresdens - knapp 1300 Neonazis am Rande des Stadtzentrums marschiert. Sie mussten wegen Gegendemonstrationen ihren Aufzug aber verkürzen. Etwa 3000 Protestierende säumten Straßen in Sichtweite der Rechtsextremen. Stunden zuvor hatten etwa 17 000 Dresdner eine Menschenkette durch die Innenstadt gebildet.