Einwanderung in Deutschland: „Es wird Zeit für eine Willkommenskultur“
Die Einwanderung von Ausländern bietet der Gesellschaft viele Chancen.
Wiesbaden. Fast zwei Drittel der Offenbacher Schüler sprechen zu Hause nicht hauptsächlich Deutsch. In Frankfurt am Main haben etwa 70 Prozent der Kinder im Vorschulalter einen Migrationshintergrund. In Berlin hat gut jeder dritte Schüler eine andere Herkunftssprache als Deutsch. „Wenn man in die Schulen guckt, ist die Diversität und Vielfalt, die wir haben, schon zu einer Normalität geworden“, sagt Migrationsforscherin Vera Hanewinkel von der Universität Oldenburg.
Migrationsforscher Klaus F. Zimmermann vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA/Bonn) sieht darin vor allem eine „Reflexion der exzellenten Situation des deutschen Arbeitsmarktes“ und warnt vor unseriösen Debatten. Deutschland müsse das Signal aussenden: „Wir freuen uns, dass Leute kommen.“ Die Wohlfahrtsstaatsdiskussion zu Jahresbeginn, die nicht von Fakten getragen war, schade dem Land als Aufnahmeland enorm“.
Die Menschen aus den neuen EU-Beitrittsländern kämen hauptsächlich zum Arbeiten nach Deutschland, und sie hätten überwiegend die Absicht, zurückzukehren. „Das sind keine Dauerzuwanderer, selbst wenn wir das wollen“, sagt Zimmermann. „Sie nutzen die Arbeitsmöglichkeiten bei uns aus, aber sie helfen uns gleichzeitig, die Arbeit zu machen.“
Allerdings: „Es kommen zu wenig Leute aus Südeuropa. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in den Ländern sind es viel zu wenig“, sagt Zimmermann. Trotz der langen Integrationsgeschichte seien die Barrieren bei Sprachkenntnissen, kultureller Offenheit und Kommunikation noch nicht genügend abgebaut.
Deutschland sei unterm Strich bei der Integration auf einem guten Weg, und es gebe inzwischen einen Konsens, dass Zuwanderung angesichts der alternden Gesellschaft und des Fachkräftemangels notwendig ist, sagt die Wissenschaftlerin Hanewinkel. Einwanderung dürfe aber nicht immer nur unter dem Nutzenaspekt gesehen werden. „Sie ist Teil einer Gesellschaft, und eine ganze Generation wächst auch damit auf — für die ist es selbstverständlicher. Und wenn man vor Ort guckt, klappt Integration in der Nachbarschaft und das Zusammenleben auch.“
Hanewinkel sieht auch Nachholbedarf: Ängste müssten ernst genommen und Integrationskonzepte ausgebaut werden. Dazu gehöre eine Willkommenskultur, zu der die Gesellschaft auch steht. Dies müsse sich in der Sprache spiegeln — so werde weiter von Zuwanderung statt von Einwanderung gesprochen.