Enthüllung zur Lobbyarbeit der Atomindustrie

Berlin (dpa) - Die Atomlobby hat vor der Bundestagswahl 2009 massiv versucht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und ein Kernenergie-freundliches Klima in Deutschland zu schaffen.

Dies geschah durch Pro-Atomkraft-Beiträge in großen Zeitungen, Studien, Festvorträge prominenter Persönlichkeiten und Pressereisen für Journalisten, berichtete die „tageszeitung“ („taz“). Die Zeitung veröffentlichte dazu Dokumente zu einer von der Agentur Deekeling Arndt Advisors im Auftrag des Atomforums organisierten Kampagne.

Dem Atomforum gehören auch die Kernkraftbetreiber Eon, RWE, EnBW und Vattenfall an. Demnach wurde versucht, selbst in Frauenmagazinen atomfreundliche Beiträge zu platzieren, um einen Stimmungsumschwung mit Blick auf die von Union und FDP geplante Laufzeitverlängerung zu erreichen. Der Historiker Arnulf Baring konnte den Dokumenten zufolge für einen Gastvortrag zum 50. Jubiläum des Atomforums sowie für einen ganzseitigen Beitrag in einer großen Tageszeitung gewonnen werden, ebenso andere Persönlichkeiten, vor allem führende Wirtschaftsbosse.

Mit einem „Brückenschlag zum Vorzeigeland Schweiz“, das nüchtern über Atomkraft diskutiere, sollte gezeigt werden, dass die Deutschen mit ihrer Angst vor der Kernenergie recht alleine dastehen. Ein Mittel dazu war eine Pressereise mit „Key-Journalisten deutscher Meinungsführer-Medien“. Das Fazit nach Artikeln über die Reise lautete: „Pragmatismus der Schweiz verfängt in Medienberichten“.

Das Deutsche Atomforum sieht die Veröffentlichung gelassen. „Es ist ein ganz üblicher Vorgang, dass man über Öffentlichkeitsarbeit versucht, die Öffentlichkeit zu beeinflussen“, sagte Geschäftsführer Dieter H. Marx am Samstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Das macht Greenpeace auch.“ Die von der „taz“ veröffentlichten Dokumente seien keine Geheimpapiere. „Wir haben nichts gemacht, was nicht legal wäre“, sagte Marx. „Auch eine Journalistenreise ist nichts geheimes“, sagte Marx mit Blick auf die Pressereise in die Schweiz.

Union und FDP gewannen die Wahl 2009 und verlängerten genau vor einem Jahr die AKW-Laufzeiten um durchschnittlich zwölf Jahre. Nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima nahmen sie diese Entscheidung wieder zurück und beschlossen einen Ausstieg bis 2022.