Entlastung für säumige Krankenversicherte
Bundestag beschließt zudem Hilfe für Menschen ohne Versicherungsschutz.
Berlin. Beitrags- und Zinsschulden säumiger Krankenversicherter sind auf Milliardenhöhe angewachsen. Immer noch gibt es Zehntausende ohne Versicherungsschutz. Am Freitag beschloss der Bundestag ein Gesetz, mit dem die Probleme gemildert werden sollen.
Vor sechs Jahren führte die große Koalition die Pflicht zur Krankenversicherung im Bereich der gesetzlichen Kassen ein. Seither sank die Zahl der Nichtversicherten von 211 000 zwar deutlich. Nach jüngsten Zahlen waren es 2011 aber immer noch 137 000. Vor allem Kleinselbstständige und Existenzgründer können oft nicht zahlen.
Eigentlich müssen sie seit Einführung der Versicherungspflicht angefallene Beiträge nachzahlen. Für die meisten unmöglich. Diese Pflicht soll nun entfallen — zumindest, wenn sie sich bis Ende des Jahres melden.
Es sollen Hunderttausende sein — Genaues ist nicht bekannt. Der Sozialverband Deutschland geht sogar von rund 1,5 Millionen betroffenen gesetzlich Versicherten aus.
Zuletzt hatten die Kassen noch Ausstände von gut 870 Millionen Euro. Weitere Schulden von 1,27 Milliarden Euro versuchen sie wohl mangels Erfolgsaussichten nicht mehr einzutreiben. Beispielrechnungen zeigen, dass in bestimmten Konstellationen nach vier Jahren bis zu 12 988 Euro nachgezahlt werden müssen — davon allein 6968 Euro Säumniszuschlag.
60 Prozent pro Jahr betragen die Zinsen bisher. Auf zwölf Prozent sollen sie per Gesetz gesenkt werden. Die Schulden werden also nicht mehr so schnell steigen.
Ein gesetzlich versicherter Selbstständiger muss in der Regel mehr als 300 Euro im Monat zahlen. Geringverdiener können beantragen, den Beitrag auf rund 200 Euro zu senken, wobei das Einkommen von Lebenspartnern berücksichtigt wird. Selbst wer fast nichts hat, muss immer noch 130 Euro zahlen.
Anfang 2009 kam die Pflicht zur Versicherung hier hinzu — Nichtversicherte, die dort einmal versichert gewesen waren, kehrten vermehrt zurück. Weit mehr als 100 000 Versicherte sollen ihren Beitrag nicht zahlen. Nun sollen Betroffene in einen Notlagentarif mit kleiner Prämie überführt werden, der nur noch das medizinisch wirklich Nötige abdeckt.