Krankenkasse soll nicht mehr zur Schuldenfalle werden
Berlin (dpa) - Menschen ohne Krankenversicherung sollen künftig leichter in eine Krankenkasse zurückkehren können. Außerdem sollen die hohen Zinsen bei Schulden gegenüber der Krankenkasse stark reduziert werden.
Das beschloss der Bundestag am Freitag in Berlin mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und Grünen. „Wir bringen die betroffenen Menschen wieder in die Absicherung zurück“, sagte Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP).
Für gesetzlich Versicherte soll bei Beitragsschulden künftig ein Säumniszuschlag in Höhe von monatlich einem statt wie bislang fünf Prozent gelten. Bisherige Schulden aus dem erhöhten Säumniszuschlag sollen erlassen werden.
Wer nicht versichert ist und sich bis 31. Dezember bei einer Kasse meldet, dem sollen die Beitragsschulden erlassen werden. Sie fallen bisher für den Zeitraum zwischen Beginn der Versicherungspflicht 2007 und der Meldung bei der Kasse an. Wer sich erst nach dem Stichtag meldet, soll eine Ermäßigung auf die Nachzahlungen bekommen. Es wird erwartet, dass der Bundesrat das Gesetz am 5. Juli passieren lässt.
Beitragsschuldner in der privaten Krankenversicherung sollen nach einem Mahnverfahren in einen neuen Notlagentarif überführt werden. Niedrigere Prämie sollen sie vor Überforderung schützen.
Bahr betonte: „Es haben sich für betroffene Menschen Schuldenberge aufgehäuft.“ SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte: „Die Leute, die jetzt die Schulden gemacht haben, werden die Schulden, die kurzfristig erlassen werden, doch wieder machen.“ Viele könnten sich die Krankenversicherung heute nicht leisten.
Mit demselben Gesetzespaket beschloss der Bundestag, dass Deutschlands teils klamme Krankenhäuser eine Finanzspritze von 1,1 Milliarden Euro bekommen sollen. Damit steigen die Ausgaben der Krankenkassen für die Kliniken allein 2013 auf einen Rekordwert von schätzungsweise 64,7 Milliarden Euro, wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Krankenkassen-Spitzenverband erfuhr.
Ab dem 1. August soll das Geld fließen. Ein einprozentiger Zuschlag soll auf die Pauschalen kommen, die die Kliniken für ihre Leistungen erhalten. Dazu kommt mehr Geld zum Ausgleich von Tarifsteigerungen sowie für mehr Personal zugunsten von mehr Hygiene in den Kliniken. Eingedämmt werden sollten die weit verbreiteten Keime, die gegen Antibiotika resistent sind. „Wir haben in Deutschland noch Nachholbedarf für eine bessere Hygiene“, sagte Bahr.
Rund zehn Monate nach dem Auffliegen des Skandals bei der Organvergabe sollen solche schweren Betrügereien zudem besser bestraft werden können. Mit der von allen Fraktionen getragenen Änderung des Transplantationsgesetzes sollen falsche Angaben zu den Patienten, die auf ein Organ warten, gesetzlich verboten werden. Der Verstoß gegen das Verbot soll mit bis zu zwei Jahren Haft oder Geldstrafe bewehrt werden.
Zudem müssen die einschlägigen Richtlinien der Bundesärztekammer zum Thema künftig vom Bundesgesundheitsministerium genehmigt werden. Seit Juli 2012 war bekanntgeworden, dass ein Göttinger Arzt von 2009 bis 2011 planmäßig falsche Daten von Patienten gemeldet haben soll, damit die eigenen Patienten beim Empfang einer Spenderleber bevorzugt werden. Auch an anderen Kliniken gab es Manipulationen.