Erhebliche Vorbehalte gegen Pofallas möglichen Wechsel zur Bahn
Berlin (dpa) - Der mögliche Wechsel von Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) in den Vorstand der Bahn stößt auf erhebliche Vorbehalte. Das Arbeitnehmerlager im Aufsichtsrat meldete Zweifel an der Schaffung eines neuen Vorstandspostens an.
Aus der eigenen Partei wurde dem 54-Jährigen geraten, sein Bundestagsmandat abzugeben. Die SPD will generelle Wartezeiten für ausscheidende Regierungsmitglieder vor Folge-Engagements in Unternehmen. Koalitionspolitiker betonten aber, solche Wechsel müssten grundsätzlich möglich sein. Die Grünen verlangten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Position zu beziehen.
„Die Personalie ist seitens der Deutschen Bahn noch längst nicht entschieden“, sagte der Aufsichtsrat und stellvertretende Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Klaus-Dieter Hommel, der „Welt“ (Montag). „Zunächst würden wir gerne wissen, warum überhaupt noch ein weiterer Vorstandsposten geschaffen werden muss und wie dessen Aufgabenbereich aussehen soll. Und erst am Schluss reden wir über Namen.“ Angesprochen werden könnte das Thema bei einer vorgesehenen Sondersitzung des Aufsichtsrats am 30. Januar, wie der Nachrichtenagentur dpa in Kreisen des Gremiums bestätigt wurde.
Der Mitte Dezember als Bundesminister ausgeschiedene Pofalla ist als Vorstand für Kontakte zur Politik bei der Bahn im Gespräch. Über eine Berufung müsste der Aufsichtsrat entscheiden. Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn, der einst ein eigenes Vorstandsressort für Politik eingerichtet hatte, sagte dem „Spiegel“: „Solange jeder Bürgermeister in diesem Land die Bahn als sein Eigentum betrachtet, braucht der Konzern einen starken hauptamtlichen Lobbyisten. Pofalla ist die perfekte Wahl.“ Nachfolger Rüdiger Grube übernahm Politik-Kontakte selbst, zudem kümmert sich darum in Berlin bisher als Beauftragter des Vorstands der Ex-Bundestagsabgeordnete Georg Brunnhuber (CDU).
Der baden-württembergische CDU-Fraktionschef Peter Hauk legte Pofalla nahe, sein Bundestagsmandat aufzugeben. Da die Bahn in Staatsbesitz sei, müsse „eine Interessenskollision auch dem Anschein nach vermieden werden“, sagte Hauk der „Welt“ (Samstag). SPD-Vorstand Ralf Stegner sagte der „Bild am Sonntag“: „Es ist kein handfester Skandal, wenn ein Regierungsmitglied zu einem Staatskonzern wechselt.“ Es gebe einen gravierenden Unterschied zu Wechseln in die private Industrie. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs sagte: „Wenn dieser Wechsel zustande kommt, dann ist er als Austausch zwischen Politik und Wirtschaft zu begrüßen.“
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs sprach sich im RBB für eine Sperrzeit von 18 Monaten für Ex-Regierungsmitglieder aus. Laut Koalitionsvertrag wollen Union und SPD eine „angemessene Regelung“ erarbeiten. Als CDU-Generalsekretär hatte Pofalla 2005 Karenzzeiten selbst für vorstellbar erklärt. „Ich könnte mir eine Art Selbstverpflichtung von Regierungsmitgliedern vorstellen, für die Zeit nach Ausscheiden aus dem Amt sich geschäftliche Rücksicht aufzuerlegen“, sagte er damals mit Blick auf das Engagement von Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) bei der Pipelinegesellschaft Nord Stream. Auch aktuell ist bei Pofalla von einer „Auszeit“ die Rede.
Die Grünen sprachen von einem Versorgungsposten für Pofalla. „Es drängt sich auch die Frage auf, ob sich die Bahn nun nachträglich dafür bedankt, dass sich die alte Regierung so stark für Stuttgart 21 eingesetzt hat“, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der „Welt“ (Montag). Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann sagte der „Rheinischen Post“: „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung jetzt so tut, als habe sie mit dem Wechsel nichts zu tun, nur weil er seit ein paar Wochen dem Kabinett nicht mehr angehört.“